Selbst die hässlichste Stadt kann in einem Lichtermeer prachtvoll erstrahlen. Der Artikel zeigt, wie man ihren Zauber meisterhaft festhält. Außerdem stellen Langzeitaufnahmen eine gute Gelegenheit dar, von der Automatik wegzukommen und die manuellen Einstellungen auszureizen.
Moderne Menschen empfinden es keineswegs als Hexerei, wenn jemand die Sonne in eine Flasche zaubert (anders ausgedrückt: wenn er das Licht einer Glühbirne anknipst). Nur ein Besucher aus dem Mittelalter würde entsprechendes glauben. Den Zauberer Catweazle etwa kennt mancher noch aus der gleichnamigen Fernsehserie. Er bestaunte fassungslos diesen „Elektriktrick“. Heute erhellen sogar Millionen kleiner Sonnen unsere Großstädte. Mithilfe eines Fotoapparats kommt ihre magische Wirkung besonders schön zur Geltung.
Lichtvolle Bilder erzielt man mithilfe sehr langer Belichtungszeiten. Der bisherige Rekord liegt bei fast drei Jahren und wurde von Michael Wesely aufgestellt. Doch der Konzeptkünstler Jonathon Keats plant, ihn um Längen zu übertreffen. Seine Lochkamera ist für eine Belichtungszeit von tausend Jahren ausgelegt.
Nicht jede Kamera ist für Langzeitbelichtungen optimal. Kompakte Digitalkameras begrenzen die Belichtungsdauer oft auf wenige Sekunden. Damit lässt sich ein nächtliches Lichtermeer nur eingeschränkt festhalten.
Hochwertige Modelle wie etwa Spiegelreflexkameras bieten hierfür mehr Spielraum. Sie erlauben eine automatische Belichtung mit bis zu 90 Sekunden und besitzen zudem in den meisten Fällen einen so genannten „Bulb“-Modus. Dieser ermöglicht es, den Verschluss manuell offen zu halten und je nach Kameramodell nach einigen Minuten zu schließen.
Um extrem lange Belichtungszeiten ohne Überbelichtung zu erzielen, kommen so genannte Graufilter (auch Neutraldichte- oder ND-Filter genannt) zum Einsatz. Sie reduzieren die in das Objektiv einfallende Lichtmenge, da nach beispielsweise 30 Sekunden selbst nachts eine Überbelichtung droht. Diese Filter sind in verschiedenen Stärken erhältlich und tragen die Bezeichnungen ND 2X, ND 4X oder ND 8X. Die Zahlen zeigen an, um wie viele Blendenstufen sie die Verschlusszeit verlängern.
Die Aufnahmezeit entscheidet darüber, wie prächtig eine Stadt erstrahlt. Erfahrene Fotografen wählen gerne die Goldene oder Blaue Stunde. Erstere bezeichnet die Zeitspanne nach dem Sonnenaufgang und die vor dem Sonnenuntergang, wenn das tief stehende Gestirn einen warmen Schimmer über die Landschaft legt. Dagegen findet die Blaue Stunde zwischen Sonnenuntergang und Nacht sowie kurz vor Sonnenaufgang statt.
Ein beliebtes Motiv sind die Lichtspuren vorbeifahrender Autos, die sich durch die weißen Scheinwerfer und die roten Rücklichter ergeben. Dafür reicht schon eine Verschlusszeit von wenigen Sekunden aus. Längere Verschlusszeiten sind sinnvoll, wenn mehrere Autos durch das Bild fahren sollen, was dicke Lichtbündel ergibt. Außerdem gelangt so mehr Umgebungslicht auf die Aufnahme, was einen spektakulär glühenden Himmel erzeugen kann.
Mit diesen Vorgaben und Tricks nimmt der Zauber der Nacht kein Ende.