Erstellt von FOTO HITS-Redaktion
| Kategorien:  Literatur  

Fotobuch: Wild West

Stiller Westen

Der Buchtitel führt in die Irre: Kein Foto bedient das Klischee des Wilden Westens mit schießwütigen Cowboys. Vielmehr geleiten die Bilder zu Seelenorten, wie Rosing sie selbst nennt. Schroff und urtümlich scheinen sie direkt aus dem Unbewuss­ten aufzusteigen: Im Cover-Foto erscheint ein Geister-Bison in vulkanischem Dampf, Sandsteinfelsen winden sich wie Traumpfade und über allem liegt eine fast unheimliche Stille.

Tatsächlich war weit und breit keine Menschenseele, als Rosing 1996 „The Wave“ in Arizona ablichtete. Heute werden Tickets ausgegeben, um den Besucherandrang zu regulieren. Einer der ersten vor Ort gewesen zu sein, macht aber keineswegs die Leistung von Rosing aus. Vielmehr beherrscht er es meisterhaft, die Landschaften mit Augen und Kopf zu erforschen, was jedes Filmkorn dem Betrachter vermittelt. Dass die Fotos durchgehend schwarz-weiß sind, passt ebenfalls nicht zum Adjektiv „wild“. Aber was für ein Schwarz-Weiß! Es lässt den feuchtkalten Nebel im Yosemite Valley ebenso wie die Rinde der Sequoia fühlbar werden. Selten hat also ein Buchtitel erfreulicher falsch vermuten lassen.

Norbert Rosing: Wild West. Tecklenborg 2021, Hardcover, 180 Seiten, 105 Abbildungen, ISBN 978 3 944327 83 9, Preis: 38,50 Euro.


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