Hersteller | Leica | |
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Modell | M-D | |
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Irgendwie ist alles anders an der Leica M-D: Wo Digitalfotografen einen LC-Monitor erwarten, zeigt sie ein simples Einstellrad für die manuelle Vorgabe der Lichtempfindlichkeit. Statt JPEG-Speicherung und Wi-Fi-Anbindung, die eine „Sofortentwicklung“ der Fotos und den weltweiten Direktversand an Millionen Empfänger erlauben, speichert die Kamera ihre Bilder ausschließlich im Raw-Format. Statt ein Autofokussystem mit hunderten von AF-Feldern zu nutzen, muss der M-D-Fotograf selbst tätig werden und die Schärfe mit einem Messsuchersystem bestimmen.
Kurz: Die Kamera ist für Anwender konzipiert, die trotz Digitaltechnik so fotografieren wollen, wie sie es bereits vor Jahrzehnten auch mit analogen Kameras gemacht haben. Statt sofortiger Bildkontrolle ist es sogar notwendig, auf die Entwicklung des Fotos zu warten – nur findet diese jetzt nicht mehr im Labor, sondern am eigenen Rechner im Bildbearbeitungsprogramm beziehungsweise Raw-Konverter als „digitaler Dunkelkammer“ statt.
Der Aufnahmesensor der M-D entspricht der bereits bekannten Leica M: Es handelt sich um ein Vollformatsystem mit einem Aufnahme-Chip im Kleinbildformat, das eine Auflösung von 24 Megapixel liefert.
Bei der maximalen Lichtempfindlichkeit geht Leica ebenso konservativ wie beim Gesamtkonzept der Kamera vor. Denn der Maximalwert der M-D mit ISO 6.400 klingt im Vergleich zu anderen Digital-Vollformatsystemen mit inzwischen sechsstelligen oder Millionenwerten zwar gering, ist aber im Vergleich zu analogem Filmmaterial immer noch ein ganz gewaltiger Schritt nach vorn.
Zur Belichtung bietet die Kamera zwei Aufnahmearten: Man kann erstens alle Parameter wie ISO-Wert auf der Rückseite, Blendengröße am Objektivring und Verschlusszeit über das Einstellrad oben festlegen. Zweitens unterstützt sie den Fotografen per Zeitautomatik. Dazu wird das Verschlusszeitrad auf „A“ geschaltet, anschließend ermittelt die Kamera die zur manuellen Vorgabe von ISO und Blendengröße passende Belichtungszeit selbsttätig. Eine solche Automatikeinstellung lässt sich mittels des Funktionsknopfs oben und dem Daumenrad vom Fotografen bewusst verändern. Der Fotograf kann sie mit den Schaltern um plus/minus drei Belichtungsstufen korrigieren.
Die Leica M-D arbeitet mit einem so genannten Messsuchersystem. Dieses „blickt“ in Fotografie-Richtung links oberhalb des Objektivs durch das Kameragehäuse hindurch, während ein zweites Sucherfenster rechts vom Objektiv ein zweites Bildfeld in das Sucherzentrum einspiegelt. Bringt man beide Ansichtgen in Deckung, ist die Fokussierung korrekt eingestellt.
Der Sucher zeigt abhängig vom Objektiv von LEDs erzeugte Leuchtrahmen, die den aufgenommenen Bildausschnitt markieren. Bei Entfernungen unterhalb von zwei Metern hilft ein zweiter Rahmen, den durch die Parallaxenverschiebung (Sucher sitzt seitlich/oberhalb der eigentlichen Aufnahmeachse) veränderten Bildausschnitt zu erkennen. Wer dies noch aus analogen Zeiten kennt, kommt damit prima zurecht, wer digitale Sucher mit einer exakten 100-Prozent-Ansicht des Bildausschnitts bevorzugt, tut sich schwerer.
Außerdem gibt der Sucher durch unten eingeblendete Leuchtsymbole an, ob das Bild nach Auffassung der Automatik unter- oder überbelichtet aufgenommen wird. Zusätzlich lassen sich mit dem Drehrad und Funktionsschalter noch Datum und Uhrzeit einstellen, wofür ein weiteres Ziffernfeld in den Sucher eingeblendet wird.
Die Kamera ist grundsätzlich auf Raw-Dateien im DNG-Format beschränkt. Bilder müssen also zwangsläufig mit einem Konverterprogramm in JPEGs, TIFFs oder andere für die weitere Nutzung übliche Formate gewandelt werden. Im Gegensatz zu früheren M-Modellen gehört aber „Adobe Lightroom“ nicht mehr zum Lieferumfang, sondern eine dreimonatige Testversion der „Adobe Creative Suite“, die damit auch „Adobe Photoshop“ enthält.
Wegen der Aufnahme im Raw-Format gibt es auch keine Möglichkeit, den Weißabgleich der Bilder an der Kamera einstellen zu können. Dieser wird erst im Raw-Konverter-Programm festgelegt beziehungsweise bei der Aufnahme von der Leica M-D eine vorläufige Weißbalance (etwa für Raw-Vorschaubilder) per Auto-Einstellung in die Daten geschrieben.
Wer mit Messsucherkameras arbeiten kann, stellt Belichtung und Fokussierung an der Leica bequem und schnell ein. Bei Serienaufnahmen erfasst sie drei Aufnahmen pro Sekunde. Der Bildspeicher reicht jedoch nur für acht Bilder innerhalb einer Serie aus, bevor der Schreibprozess auf die Speicherkarte die Kamera ins Stocken geraten lässt. Die Kamera bietet einen einzelnen Slot für SD-Speicherkarten und kann mit allen aktuellen Varianten wie SDHC und SDXC arbeiten. Natürlich muss die Schärfe während dieser Serienaufnahmen wie in früheren Zeiten von Hand nachgeführt werden – Sportfotografen sind heutzutage mehr Komfort gewöhnt.
Das Verschlusssystem der Kamera ist sowohl bei Serien- als auch Einzelaufnahmen sehr leise beziehungsweise wird auch durch das massive Gehäuse auf Basis eines Metallchassis zusätzlich gedämpft. Mit der Leica M-D kann man daher sehr unauffällig fotografieren, was etwa für die Reportage- und Street-Fotografie hilfreich ist.
Pro: Hervorragende Bildergebnisse durch großen Bildsensor und konsequenten Raw-Workflow. Die hohe Schärfeleistung ist auch ein Ergebnis der exzellenten Leica-Objektive.
Contra: Wer mit Digitalkameras samt LC-Monitor, Wi-Fi-Verbindung zum Smartphone und mehr aufgewachsen ist, wird sich mit der neuen Leica M-D vermutlich nicht anfreunden können.
Die Bildqualität der Leica M-D ist ohne Fehl und Tadel, sodass sie ein „Exzellent“ verdienen würde. Bei ihrer Ausstattung fehlen aber prinzipbedingt viele Dinge wie ein LC-Monitor oder ein Autofokussystem, die heutzutage bei Digitalkameras zum Standard gehören. Daher erreicht sie nur die Gesamtnote „Sehr gut“. Die Kamera wirkt insgesamt „wie aus der Zeit gefallen“. Wer sich darauf einlassen mag, ein Digitalmodell Baujahr 2016 so zu nutzen wie eine analoge Messsucherkamera, findet in der Leica M-D eine perfekte und die konsequenteste Umsetzung dieser Idee.