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Snapshot: Panasonic GH6

Snapshot: Panasonic GH6

Panasonic krönt die MFT-Serie

Lange Zeit war es still um die Micro-Four-Thirds-Kameras von Panasonic. Der Hersteller konzentrierte sich mit seiner S-Serie verstärkt auf Systemmodelle mit Vollformatsensoren. Die Ankündigung der GH6 brachte wieder Leben ins Spiel. Nun kommt dieses Top-Modell unter den MFT-Geräten auf den Markt und erfüllt (fast) alle hohen Erwartungen, die die Anwender an es stellen. In einigen Punkten geht es sogar weit darüber hinaus.

Die Panasonic GH6 basiert auf einem neu entwickelten Micro-Four-Thirds-Sensor, der eine Auflösung von 25,1 Megapixel liefert.
Die Panasonic GH6 basiert auf einem neu entwickelten Micro-Four-Thirds-Sensor, der eine Auflösung von 25,1 Megapixel liefert.

Mit der GH-Serie bietet Panasonic seit Jahren eine außergewöhnliche Reihe von Produkten an. Sie lassen sich als „Hybrid-Kameras“ bezeichnen, denn bei ihnen sind Foto- und Videoaufnahmen mit einem Micro-Four-Thirds-Sensor und -Bajonett (im Folgenden: MFT) gleichermaßen wichtig. Spätestens ab der GH4 verschob sich dieser Schwerpunkt etwas mehr in Richtung Bewegtbilder, sodass diese Kamera und besonders ihre Nachfolgerin GH5 zu beliebten Standardwerkzeugen in der Videoproduktion wurden. Sie erhielten Konkurrenz aus dem Lager der APS-C- und Vollformatmodelle, doch mit der GH6 setzt sich Panasonic wieder selbst die Krone auf, speziell wenn es um Videos geht. Ausstattung und Leistungsfähigkeit der GH6 konkurrieren mit denen der hochwertigen Filmkameras.

Neuer Sensor

Nachdem bei MFT-Systemen lange Zeit die 20-Megapixel-Auflösung das Maximum bildete, kommt die GH6 jetzt mit einem neu entwickelten Aufnahmesensor, der 25,2 Megapixel liefert. Im FOTO HITS-Test konnte er ein erstklassiges Ergebnis erzielen, denn er setzte seine Bilddaten mit 4.295 von 4.336 möglichen Linien (horizontale Auflösung) und damit fast komplett in sichtbare Details um.

Nicht nur dadurch wurde die Fotoleistung erheblich verbessert. Die Panasonic GH6 beherrscht jetzt Multishot-Aufnahmen, die die Bildauflösung auf 100 Megapixel drastisch steigern. Zwischen den Einzelbildern für ein solches High-Res-Foto verschiebt sie ihren Bildsensor um Pixelbreite und berechnet danach aus allen Aufnahmen eine Datei mit 11.552 mal 8.672 Pixel. Diese Fotos kann man sogar aus der freien Hand schießen. Gleichwohl empfiehlt sich der Stativeinsatz. Außerdem sollte es sich um ein unbewegtes Motiv handeln. Sonst könnten Bewegungsunschärfen auftreten, die durch den zeitlichen Versatz zwischen den Einzelbildern entstehen.

Die nominell 100 Megapixel wurden messtechnisch im FOTO HITS-Snapshot-Test nicht ganz erreicht. Das generierte Bild entspricht eher einem 60- bis 70-Megapixel-Foto. Aber auch das ist bereits ein deutlicher Schritt nach vorn. Für Produkt- oder Reproduktionsaufnahmen eignet sich das Verfahren ganz hervorragend.

Nicht nur der Sensor wurde neu entwickelt, auch den Bildprozessor hat Panasonic überarbeitet. Gegenüber den Vorgängerlösungen wurde seine Rechenleistung verdoppelt. Nur dadurch sind die extremen Leistungen der GH6 etwa bei den Videoaufnahmen überhaupt erst möglich.

Das Farbverarbeitungssystem dieses Sensors erfuhr ebenfalls ein Update. Die Panasonic GH6 liefert im Test etwas wärmere Bilder als die Vorgängerin und produziert damit vor allen Dingen sehr ansprechende Hauttöne.

Das FOTO HITS-Testfoto in der Standardauflösung der Panasonic GH6. ACHTUNG: Ein Klick auf das Bild öffnet die 25-Megapixel-Originaldatei.
Das FOTO HITS-Testfoto in der Standardauflösung der Panasonic GH6. ACHTUNG: Ein Klick auf das Bild öffnet die 25-Megapixel-Originaldatei.
Per Multishot-Aufnahme kann die Kamera Bilder mit einer Auflösung von 100 Megapixel aufzeichnen. ACHTUNG: Ein Klick auf das Bild öffnet die 100-Megapixel-Originaldatei.
Per Multishot-Aufnahme kann die Kamera Bilder mit einer Auflösung von 100 Megapixel aufzeichnen. ACHTUNG: Ein Klick auf das Bild öffnet die 100-Megapixel-Originaldatei.

Ruhige Bilder

Panaosonic hat die „Color Science“ des Bildprozessors überarbeitet. Die Kamera liefert jetzt schönere Hauttöne. ACHTUNG: Klick auf das Bild öffnet 25-Megapixel-Version des Porträts.
Panaosonic hat die „Color Science“ des Bildprozessors überarbeitet. Die Kamera liefert jetzt schönere Hauttöne. ACHTUNG: Klick auf das Bild öffnet 25-Megapixel-Version des Porträts.

Ein integrierter Fünf-Achsen-Bildstabilisator gehört weiterhin zur GH-Serie und leistet auch in der GH6 eine erstklassige Arbeit. Gemeinsam mit einem Entwacklungssystem im Objektiv lässt er sich als Dual I.S. nutzen. Das erlaubt es einem Fotografen, Bilder mit längeren Verschlusszeiten aus der freien Hand zu schießen. Der Gewinn beträgt dabei bis zu 7,5 Belichtungsstufen. 

Der Vorteil offenbart sich beim Einsatz eines Objektivs mit 120 Millimetern Brennweite (Kleinbildentsprechung) wie etwa dem Leica DG Vario-Elmarit 12-60mm/F2.8-4.0 ASPH. In maximaler Teleeinstellung sind dann nicht Aufnahmen mit 1/125 Sekunde ohne Stativ fotografierbar, sondern dank Dual I.S. sind Verschlusszeiten von etwa einer Sekunde möglich. Das konnte im Test auch umgesetzt werden.

Der Stabilisator unterstützt natürlich auch bei den Videoaufnahmen der neuen Kamera. Wie schon bei der Vorgängerin GH5 gehört die Lösung in der GH6 zu den besten Anti-Wackler-Systemen, mit denen man derzeit arbeiten kann. Videos lassen sich sogar mit einer zusätzlichen elektronischen Stabilisierung aufnehmen, die per Menü aktiviert wird. Die damit aufgezeichneten Videos erreichen vielleicht nicht ganz die Bildberuhigung, die ein Motor-Gimbal bietet, kommen ihr aber schon sehr nahe.

Filmkamera

Die Panasonic GH6 bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Videoaufzeichnung. Das gilt sowohl für eine interne Speicherung der Filme als auch die Zusammenarbeit mit externen Rekordern.
Die Panasonic GH6 bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Videoaufzeichnung. Das gilt sowohl für eine interne Speicherung der Filme als auch die Zusammenarbeit mit externen Rekordern.
Die extremen Filmleistungen der Kamera erfordern eine aktive Hitzeableistung mit Ventilator. Trotz dieses Kühlsystems ist die Kamera gegen Staub und Spritzwasser geschützt.
Die extremen Filmleistungen der Kamera erfordern eine aktive Hitzeableistung mit Ventilator. Trotz dieses Kühlsystems ist die Kamera gegen Staub und Spritzwasser geschützt.

Panasonic-Systemkameras waren seit der Vorstellung der G1 auch immer Aufzeichnungsgeräte für Videos. Die neue GH6 treibt dies auf die Spitze, denn sie bietet eine – für Fotoapparate – extreme Ausstattungsvielfalt bei der Videoaufzeichnung.

Das beginnt mit einer extrem hohen Filmauflösung, denn die neue Panasonic erzeugt Videos mit bis zu 5,7K. Dabei handelt es sich um Aufnahmen mit einer Größe von 5.728 mal 3.024 Pixel, die also in einem Seitenverhältnis von 17:9 vorliegen. Diese Filme können in den Profi-Videoformaten Apple ProRes 422 HQ oder ProRes 422 auf schnellen CFexpress-Karten abgelegt werden. Sie erfordern mit Datenraten von 1,6 beziehungsweise 1,1 Gigabit pro Sekunde extrem große Speicherkapazitäten. Mit einem bereits angekündigte Firmware-Update wird es der GH6 möglich sein, diese riesigen Videodateien bei der Aufnahme direkt auf SSD-Festplatten statt der Speicherkarte zu sichern. Der Anschluss einer solchen SSD an die GH6 erfolgt über deren USB-C-Schnittstelle.

Eine externe Aufzeichnung ist zudem über den HDMI-Ausgang der neuen Panasonic möglich. Hier kann man Rekorder wie der Atomos Ninja V anschließen, der eine Aufzeichnung im Raw-Video-Modus mit der GH6 ermöglichen wird.

Bei der internen Aufzeichnung in ihren zwei Kartenschächten mit einmal CFexpress- und einmal SD-Karten-System lassen sich die Filme in vielen unterschiedlichen Varianten sichern. Modernste Kompressionsformaten wie H.264 oder H.265 (HEVC) gehören natürlich dazu. Dementsprechend ist die Auswahl der Datentypen im Menü der GH geradezu endlos.

Die Kamera kann MOV- oder MP4-Container nutzen, um Filme mit DCI-4K-/4K- und Full-HD-Auflösung zu speichern. In diesen Normalformaten werden Bildfrequenzen von bis zu 120 Aufnahmen pro Sekunde bei 4K-Aufnahme sowie 240 Bilder pro Sekunde im Full-HD-Modus erreicht. Damit lassen sich sehr starke Zeitlupeneffekte produzieren.

Die Filme können mit 4:2:2-Farbunterabtastung und zehn Bit Farbtiefe gesichert werden. Das schenkt dem Filmer viel Spielraum für umfassende Farbkorrekturen im Videoschnittprogramm. Die V-Log-Aufzeichnung der GH6 verhilft ebenfalls zu besseren Filmen, denn mit ihr erreicht sie einen Kontrastumfang von bis zu 14 Blendenstufen. V-LOG ist jetzt übrigens serienmäßig installiert, während es bei der GH5 noch als kostenpflichtiges Firmware-Update nachgerüstet werden musste.

Sogar Aufnahme-Modi mit anamorphischen Objektiven stehen bei der Panasonic GH6 zur Wahl. Dann nimmt sie gestauchte Videofilme in 5,8K-Auflösung auf, die sich im Videoschnittprogramm zu einem kinoreifen Breitbild entzerren lassen. Fans der anamorphischen Aufzeichnung erfreuen sich auch an dem ungewöhnlichen Bokeh sowie den Spitzlichtreflektionen (Flares), die für diese Objektive typisch sind.

Massiv

Massiv und robust: So präsentiert sich die neue Panasonic GH6.
Massiv und robust: So präsentiert sich die neue Panasonic GH6.
Das LC-Display der GH6 besitzt einen außergewöhnlichen Klapp- und Drehmechanismus. Trotz seiner vielfältigen Einstellungen hält dieser die Anschlüsse an der linken Gehäuseseite frei.
Das LC-Display der GH6 besitzt einen außergewöhnlichen Klapp- und Drehmechanismus. Trotz seiner vielfältigen Einstellungen hält dieser die Anschlüsse an der linken Gehäuseseite frei.

Die extremen Videoleistungen erfordern eine aktive Kühlung der Kamera beziehungsweise ihres Sensors und des Bildprozessors. Die GH6 ist mit einem entsprechenden Lüftungssystem ausgerüstet. Direkt hinter dem Sensor befindet sich eine wärmeleitende Zwischenwand, die die Hitze in einen Lüftungsschacht leitet und von einem praktisch lautlos arbeitenden Ventilator aus dem Gehäuse gepustet wird.

Durch diesen getrennten Aufbau mit den Zwischenwänden bleibt die Kamera dennoch vor eindringendem Staub und Spritzwasser geschützt. Wie ihre Vorgängerin lässt sie sich auch bei kräftigem Regen einsetzen, ohne zusätzlich abgedeckt werden zu müssen. Für Unterwasseraufnahmen ist natürlich weiterhin ein externes Gehäuse erforderlich.

Die Kamera ist insgesamt sehr robust. Sie basiert auf einem Chassis aus einer Magnesium-Legierung und wirkt nicht nur sehr massiv, sondern ist es auch. Schließlich bringt sie mit Akku und Speicherkarte satte 823 Gramm auf die Waage. Zudem ist sie etwas größer beziehungsweise „dicker“ als ihre Vorgängerin GH5 geworden. Das liegt a) an einem nochmals erweiterten Griffwulst, b) dem zusätzlichen Lüftungssystem und c) einem neuen Schwenkmechanismus für ihren Bildschirm.

Dieser Schwenkmechanismus übertrifft in Sachen Komfort alle Lösungen der Konkurrenz. Zum einen besitzt er an der Seite ein Drehgelenk, um wie üblich zur Seite, nach oben, nach unten und nach vorn geschwenkt beziehungsweise geklappt zu werden. Bei einem seitlichen Ausklappen jedoch würde ein solcher Monitor mit den Anschlusskabeln an der linken Seite der Kamera kollidieren. Dazu gehört etwa die HDMI-Verbindung zu einem externen Videorekorder.

Die GH6 bietet daher auch die Möglichkeit, das Display nur mit einem Kippmechanismus nach oben und unten zu schwenken. Dadurch wird der Bildschirm weiter von den Anschlüssen entfernt und lässt sich dann zur Seite drehen, ohne die Anschlüsse der GH6 zu verdecken. Als weiterer Vorteil einer Kippmechanik gegenüber dem Seitenschwenk gilt, dass der Monitor nicht aus der optischen Achse von Objektiv, Aufnahmesensor und LCD gerät.

Schön scharf

Auch das Fokussystem der GH6 hat Panasonic stark überarbeitet. Es basiert weiterhin auf einer reinen Kontrastmessung, bietet also nicht ein Hybrid-Fokussystem mit zusätzlicher Phasendetektion auf dem Sensor. Letzteres hatten viele Anwender vor der Neuvorstellung erhofft. Sie werden von der sehr guten Gesichts- und Augenerkennung der neuen Panasonic-Kamera getröstet, die den Fokus bei Serienbildern sehr gut auf dem anvisierten Hauptmotiv hält. Die Augen- und Gesichtserkennung funktioniert auch bei seitlichem Drehen des Kopfes beziehungsweise schaltet sich bei einem erneuten Blick der Person zur Kamera blitzschnell wieder ein.

Insgesamt ist die Leistung des AF etwa um den Faktor 3 gesteigert worden. Das mit Panasonics eigener DFD-Kontrastmessung („Depth From Defocus“) arbeitende System nutzt 315 AF-Felder, die einzeln wählbar sind. Die Bewegungsverfolgung eines vom Anwender definierten Motivelements ist natürlich auch möglich.

Preis und Fazit

Die beeindruckenden Spitzenleistungen der GH6 machen sich bei ihren Preis bemerkbar. Der Body allein wird inklusive des Zubehörs wie leistungsstarkem Akku, Ladegerät, Kabeführung für Videoaufnahmen und mehr für 2.199 Euro angeboten. Gemeinsam mit dem im Test verwendeten Leica DG Vario-Elmarit 12-60mm/F2.8-4.0 ASPH. ruft der Hersteller eine unverbindliche Preisempfehlung von 2.799 Euro auf. Damit erreicht die GH6 das Niveau von spiegellosen Vollformatkameras, bleibt aber unterhalb der Preisgrenzen, die für professionelle Videokameras mit vergleichbarem Leistungsumfang gelten.

Der Schwerpunkt der neuen Panasonic-Kamera liegt eindeutig auf der Videografie. Aber auch einem Fotografen hat sie einiges zu bieten. Dazu zählen der erstklassige Bildstabilisator, hochauflösende Fotos im 25,2- und 100-Megapixel-Modus, eine gegenüber der Vorgängerin verbesserte Farbwiedergabe speziell von Hauttönen und vieles mehr.

Weitere Informationen zur neuen Panasonic GH6 findet man auf der Website des Herstellers.

Kurzvorstellung der GH6 im Video