Kolumne

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Porträtobjektiv ist nicht gleich Porträtobjektiv. Einige wertvolle Fundstücke.

Der Starfotograf Guido Karp lässt sich trotz aller Routine gerne überraschen. Auf seinem Workshop entdeckte er vier neue Objektive, darunter eine 170 Jahre alte und jetzt neu aufgelegte Legende.

Workshop-Time in Los Angeles, Kalifornien: Während an der Ostküste nach wie vor Schnee und Eis dominieren, erfreuen sich meine 16 Workshop-Teilnehmer und ich an der wunderbaren kalifornischen Sonne. Ein solcher Workshop lädt natürlich dazu ein, ausgetretene Pfade zu verlassen und einmal Neues zu probieren.

Bisher war für mich eigentlich „Gesetz“, dass nur Original-Canon-Objektive auf meine Canon EOS-1D X kommen. Aber dieses Mal haben wir einen ganzen Reigen von Fremdobjektiven ausprobiert. Im „Wettbewerb“ standen mein heißgeliebtes Canon EF 85mm f/1.2L II USM, das – wer hätte es je gedacht – nur halb so teure Zeiss Planar T* 1,4/85, das von mir total unterschätzte Sigma 85mm 1,4 EX DG HSM und als Überraschungsknaller das Petzval-Objektiv, das als Kickstarter-Projekt aktuell wieder neu aufgelegt wurde.

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Porträtobjektiv ist gleich Porträtobjektiv? Mitnichten. Alle Konkurrenten unterscheiden sich nachhaltig. Das Sigma 85mm 1,4 EX DG HSM schlägt beispielsweise das Canon-Modell bezüglich Gewicht und Autofokus um Längen, ohne in der Abbildungsleistung zurückstecken zu müssen. Das Zeiss-Objektiv wiederum ist eine wahre Pracht in der Hand – schwer und wertig, aber eben ohne Autofokus.

Völlig aus der Art schlägt das Petzval – quasi der Godfather der Porträtfotografie: Der ungarische Mathematiker und Ingenieur József Petzvál hatte 1840 das erste Objektiv dieser Bauweise mit 85 Millimetern Brennweite und einer Lichtstärke von 1:2,2 entwickelt, das mit heutigen Modellen nicht vergleichbar ist. Beginnend mit seinem auffälligen Äußeren aus Messing besitzt es nicht einmal einen Blendenring. Die unscharf gestellten Bereiche wirken bei diesem Objektiv deutlich anders als bei aktuellen Modellen – das Bokeh ist kreisförmig verzerrt und rückt die Person vorne noch mehr in den Mittelpunkt.

Tatsächlich würde ich heute, wenn ich neu entscheiden müsste, für meine Konzertfotografie das ultraschnelle Sigma wählen. Wenn es aber darum geht, die fotografische Leidenschaft zu steigern, kann ich jedem nur empfehlen, ein Petzval-Objektiv in die Hände zu bekommen: Das Ding besitzt einen enormen Suchtfaktor. Mehr Informationen sind unter http://microsites.lomography.com/petzval-lens zu finden.

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