Kolumne

Bild

Der Akt im Zentralorgan der Fotografie und anderswo.

Also wenn schon dieses Zentralorgan der Fotografie, nämlich FOTO HITS sich nicht scheut, mit so etwas Schlüpfrigem die Ausgabe 12/2012 aufzupeppen, dann kann, ja darf auch ich nicht vor diesem Thema die Augen verschließen. Das wäre ja auch total blöd: Bei so etwas meine Äugelein zu zu machen. Denn was interessiert uns wirklich? Was steigert die Auflage exorbitant? Wo sind wir alle dabei!!! Richtig: Nackte, unverhüllte Tatsachen.

Leider gibt es Zeitgenossen, die das künstlerisch Nackte irgendwie immer falsch verstehen. Diese Schreiben sogar Leserbriefe – unfreundliche. Deshalb bin ich der Meinung, dieses Thema kann man, aber sollte es nicht auf ein paar magere Seiten dübeln. Man muss sich halt reinschaffen. 

Beginnen wir den Akt am Anfang.

Der Akt, also der Künstlerische, sprich: die Abbildung des nackten Körpers ist inzwischen mehr als 27.000 Jahre alt. Ich möchte hier nur an die Venus von Willendorf erinnern. Selbige sieht aus, als ob der Volkshochschulkurs „Talentfreies Töpfern für Sechsjährige“ das Teil geformt hätte. Na ja, und so etwas wollen wir Digital-Foto-Artisten ja nicht.

Bild
Bild 1: Die Venus von Willendorf

Zu Bild 1. Die Venus von Willendorf. Frei nach Andy W. Die Teile links und rechts würde ich mir ja noch, um Gäste zu ärgern, ins traute Heim hängen. Nur das Original in der Mitte, das muss wirklich nicht sein. Die Höhlenkinder mochten es wohl etwas fettiger. Mir gefallen ja eher so Damen mit weniger Hintern und kleineren Busen. Aber damals war das eben so. Wer es sich leisten konnte, war halt fett. Heute kaschieren wir das eher mit Klunkern am Hals. Auch Fettabsauger waren damals noch nicht erfunden.

 

Der Akt muss nicht zwingend etwas mit nackt zu tun haben. Nur ist es dann halt kein Akt, sondern vermutlich nur ein läppisches Portrait. Das kann zwar auch sehr nett sein, aber ich betone es noch einmal: Dann ist es nie und nimmer ein Akt. Nichts desto trotz gibt es aber Ausnahmen von dieser unumstößlichen Regel. Diese möchte ich Ihnen erst einmal aufzeigen. Denn dann können Sie selbst sofort erkennen „Och, das ist kein Akt, da will mich einer übers Ohr hauen.“

Bild
Bild 2

Zu Bild 2. Na, das war wirklich ein Akt. Erst die Bäume gefällt, dann gesägt und hernach musste der Dreck auch noch gehackt werden. Also das war wirklich ein riesiger Akt. Lustig nicht! Von wegen Holz vor der Hütte. Aber das Thema Akt ist viel zu Ernst. Es geht hierbei ja nicht um Leben oder Tot – nein, es geht um mehr.

 

Wir müssen erstmal den Unterschied zwischen Voll- und Halbakt begreifen und uns diesen dann verinnerlichen. Da ich halbe Sachen verabscheue, beginnen wir also frohgemutes mit dem Vollakt. Die besonderen Merkmale des Vollaktes sollten nicht am Volumen des Modells bemessen werden. Nein, es geht auch mit Menschen, die normal proportioniert sind. Sprich: halt nicht so wie die Tusse aus Willendorf. Die ist mir eigentlich etwas zu voll geraten.

 

Es gab aber einmal in vordigitaler Urzeit ein Meisterwerk des von mir sehr geschätzten Fotografen Christian von Alvensleben. Der fotografierte seinen  „Sonnenschein (ziemlich dickes Mädel) mal bei Sonnenschein“. Leider draußen. Habe versucht, die Königliche raus zu locken, aber da ging nichts.

Bei uns waren es gefühlte 20 Grad minus, also wollte die Königliche nicht nackt, nur mit einem Schirmchen bekleidet im Garten posieren. Das ist zwar nicht zu entschuldigen, aber ich bin sicher, Sie verstehen, dass ich mir einfach keine Scheidung leisten kann. Das Honorar im Internet ist noch nicht so üppig wie beim Stern. Aber das wird schon noch.

 

Auch hat der Vollakt überhaupt nichts damit zu tun, dass ihr Modell sturz-, hackevoll ist. Sie können natürlich, so zur Auflockerung, ein bis vier Likörchen anbieten. Nur dann bitte kein Vollakt auf schwankender Leiter oder auf schaukelndem Wasserbett. Das wird nix. Da sollten Sie, weil das mit dem Knipsen nichts wird, halt was anderes mit der Dame machen. Geht ja auch mal. Am sichersten erkennen Sie den Vollakt daran, dass das Modell voll drauf ist. Abgeschnittene Köpfe und gekappte Beine – das geht nicht. Tun Sie das bitte nie. Denn dann ist es eben kein Vollakt. Egal, wie man es dreht und wendet: Der Akt ist so alt wie die Menschheit. Vermutlich wird der Akt sogar noch nach Weltuntergang und Eurokrise weiter existieren.

Bild
Bild 3

Zu Bild 3. Der Vollakt. Sicher wäre es besser gewesen, wenn sich die fotografierende Maid ihrer Nacktheit bewusster gewesen wäre.  Aber Sie sehen ja, fast alles drauf. Unwesentliche Dinge wie Beine braucht mein perfekt ausgeleuchtetes Werk eigentlich nicht. Ein perfekter Vollakt. Nur dann kam der Erzeuger des Vollakts ins Zimmer getobt. Ich tue ja alles für ein tolles Bild, aber dass der mich rausgeschmissen hat und meine Eltern anrief, das war selbst mir „Hardcore-Akteur“  zuviel. Ich habe seine Tochter dann nur noch nackt im Auenland – auf Moosen und Wildkräutern – mit meiner Kamera belästigt.

Bild
Bild 4

Zu Bild 4. Beim Halbakt verhält es sich fast wie beim Vollakt, nur es ist weniger drauf. Dafür erkennt man aber Details. Aber bitte, es gibt Körperteile die sind nicht so fotogen. Diese meiden Sie bitte. Auch wenn Sie extra ein Makroobjektiv bei Ebay ersteigert haben. Ein schöner Busen tut es doch am Anfang auch. Ich habe bei diesem Halbakt, obwohl ich keine halben Sachen mag, zu einem Trick gegriffen. Die Dame wollte nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte. Somit habe ich sie durch die Milchglasscheibe im Bad weg gedrückt. Warum die sich so auf dem Badezimmerteppich (Marke „Kleine Wolke“) gewälzt hat, habe ich erst viel später verstanden.

Bild
Bild 5

 

Zu Bild 5. Es gibt bei den Akten eine Vielzahl von Ab- und Unterarten. Ja, es gibt sogar männliche Akte. Die finde ich aber total überbewertet.

 

Was ist dran an einem Kerl, Muskel bepackt und mit Waschbrettbauch? Obwohl ich einmal, aber wirklich nur einmal, so einen Typen fotografiert habe. Jetzt hängt der Kerl im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Erotische Fotografie im ausgehenden 20ten Jahrhundert. Wie blöd sind die denn eigentlich?

 

 

Bild
Bild 6

Zu Bild 6. Hier habe ich mal die Jungfrau abgelichtet. Jungfrauen sind aber wirklich nicht leicht. Bei so etwas bedarf es Fingerspitzengefühl und jahrelange Erfahrung. Das Schwierige ist: A. Welche aufzutreiben ist schier unmöglich; und findet man eine, dann sieht die aus wie die dröge Dicke aus Wilmersdorf – oder wie hieß das Kaff gleich? Nur bin ich mir nicht ganz sicher, ob das wirklich die Jungfrau war – oder vielleicht doch der Watzmann?

 

Klaus Dieter Jendrissek – Gerichtlich anerkannter Aktfotograf  GaA.