Kolumne

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Fotokurs für Online-User: Teil 1. Das Selbstporträt.

Selbstbildnisse sind so alt wie die Menschheit. Früher malten sich die Leutchen gerne auch mal selbst. Das Selbstporträt war geboren. Das Gute an diesen Versuchen: Kein anderer war Schuld, wenn mal etwas richtig ins Beinkleid ging. Zur Not konnte man mit dem Gekritzel noch das Feuer im Ofen anzünden. Die Höhlenmenschen hatten es da schwerer. Die mussten die Felswand, auf der sie mangels Papier malten, mit einem Faustkeil abtragen. Aber sie bekamen es weg.

Heute ist das alles ganz anders. Versuchen Sie mal, Nullen und Einsen (sprich: Pixel) zu verbrennen. Keine Chance. Auch das Löschen und Neuformatieren nutzt nichts. Schlaue Studentenköppe holen auch den letzten Müll noch von ihrer Festplatte. Damit aber der gemeine Hacker nur gelungene Selbstbildnisse beim Überfall auf ihrem Computer findet, sollten Sie einige Dinge beherzigen.

Sehr unvorteilhaft ist es, sich im Spiegel zu fotografieren. Der sich automatisch selbst zuschaltende, blöde, kleine Kamera-Blitz versaut Ihnen alles. Lassen sie die Finger von solchen Selbstversuchen. Das Ergebnis schadet ihrem Selbstwertgefühl. Nach dem Betrachten dieser Bilder können sie nur noch bei der Volkshochschule den Kurs "Stressbewältigung durch Tanz" belegen.

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1. Bild - Selbstbespiegelung. Das linke Ergebnis ist nicht befriedigend. Der Blitz erschlägt das Antlitz. Rechts: Das ist schon besser. Das Kompendium der Selbstbildnisse meines Schaffens ist um eine gelungene Aufnahme reicher. Ohne den kleinen, automatischen Blitz geht es doch viel besser.

Auch sich mit ausgestreckten Armen selbst abzulichten gelingt den wenigsten. Ihre Arme sind einfach zu kurz. Zudem wirkt ihr Kopf dank dem Weitwinkel-Objektiv etwas zu klobig. Das ist doch sehr unvorteilhaft. Lichtbildnern sie von unten und denken, die aufsteigende Dynamik macht Sie jünger – auch falsch. Das Einzige, was sie sehen, sind Ihre zu langen Haare, die aus Ihren Nasenhöhlen wachsen. So etwas ist nicht gerade ästhetisch.

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2. Bild – Beide Werke können sie getrost vergessen. Lassen sie die Finger weg von solchen Abscheulichkeiten. Aber als Plakat für die Geisterbahn auf dem nächsten Schützenfest… o.k. Es kommt ja immer darauf an, was man hinterher mit dem Erguss anfangen will.

Besser ist, Sie stellen ihre Kamera auf ein Stativ. Sollten Sie keines ihr Eigen nennen, vergessen sie den Tipp und fotografieren sie lieber weiter ihre Frau / Lebensabschnittsmodel oder begeben Sie sich in den Makrobereich.

Sollte in Ihrem Equipment dann doch zufälligerweise ein Stativ sein, dann schrauben sie die Kamera auf selbiges. Jetzt nur noch das Baströckchen überstreifen. Mit einem bunten Leibchen, das sich über Ihrem Bauch nicht allzu sehr spannen sollte, bringen sie Farbe in Ihr Selbstbildnis. Jetzt den Selbstzerstörungsmechanismus betätigen und bei einer Selbstauslösungsverzögerung von ca. 10 Sekunden bis 8 zählen. Aber zügig zählen, sonst fotografieren Sie sich beim Zählen. Wenn Sie Quantenpysiker sind, geht das selbstredend auch in Ordnung. Aber nur dann. Also wenn sie bis 8 gezählt haben, kräftig lächeln. Lächeln bitte, nicht grinsen. Grinsen lässt sie etwas blöd wirken.

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3. Bild – Klar hier fehlt etwas Farbigkeit. Aber das Blau des Blazers kombiniert sehr hübsch mit dem Beige des Baströckchens. Hier wählte ich den Trick mit dem Selbstauslöser und gleich einer zweiten Person. Den Kopfschmuck hatte uns vorher die Tochter des Häuptlings überreicht. Nach dem Shooting gerieten wir in eine Polizeikontrolle. Ingolf M. tut seit diesem Tag etwas für seine Gesundheit und fährt Rad. Das belastet die Umwelt nicht und ist gesund.

Das wirklich gute Selbstbildnis erreichen Sie nur, wenn Sie sich sitzend in einem Sessel ablichten. Neigen Sie Ihre Birne bitte etwas in Richtung der Kamera. Stützen sie ihren Kopf auf ihre Hand. Den Hals etwas länger machen, sonst sieht man Ihr Doppelkinn. Wenn Sie beim Recken Ihres Halses leicht aus dem Bild verschwinden, ist das nicht wirklich schlimm. Leichte Anschnitte Ihrer Person geben dem Bild noch mehr Ausdrucksstärke und regen den Betrachter zum Nachdenken an.

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4. Bild Hier sehen Sie, was ich meine. Dies Bild drückt Dynamik und Ruhe in Einem aus. So sollte auch Ihr Foto aussehen. Der Körper bebt vor Anspannung, und trotzdem liegt in dem Gesichtsausdruck die Gelassenheit eines professionellen Models. Das schaffen Sie auch.

Soviel zum Motiv – Ich und Selbstbildnis eines Foto Berufenen.

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5. Bild Der Foto Berufene. Dies Bild ist vordigital. Aber schon damals war ich mir als Model genug. Das reine Weiß der Serviette verhindert nicht nur Flecken auf meinem Jeanshemd, es verdeutlicht die mir eigene Unschuld. Auch der Kunstgriff mit dem Messer macht das Bild übermäßig scharf und sehr authentisch. Da braucht es nicht mal den Kopf des Autors.