Selbstbildnisse sind so alt wie die Menschheit. Früher malten sich die Leutchen gerne auch mal selbst. Das Selbstporträt war geboren. Das Gute an diesen Versuchen: Kein anderer war Schuld, wenn mal etwas richtig ins Beinkleid ging. Zur Not konnte man mit dem Gekritzel noch das Feuer im Ofen anzünden. Die Höhlenmenschen hatten es da schwerer. Die mussten die Felswand, auf der sie mangels Papier malten, mit einem Faustkeil abtragen. Aber sie bekamen es weg.
Heute ist das alles ganz anders. Versuchen Sie mal, Nullen und Einsen (sprich: Pixel) zu verbrennen. Keine Chance. Auch das Löschen und Neuformatieren nutzt nichts. Schlaue Studentenköppe holen auch den letzten Müll noch von ihrer Festplatte. Damit aber der gemeine Hacker nur gelungene Selbstbildnisse beim Überfall auf ihrem Computer findet, sollten Sie einige Dinge beherzigen.
Sehr unvorteilhaft ist es, sich im Spiegel zu fotografieren. Der sich automatisch selbst zuschaltende, blöde, kleine Kamera-Blitz versaut Ihnen alles. Lassen sie die Finger von solchen Selbstversuchen. Das Ergebnis schadet ihrem Selbstwertgefühl. Nach dem Betrachten dieser Bilder können sie nur noch bei der Volkshochschule den Kurs "Stressbewältigung durch Tanz" belegen.
Auch sich mit ausgestreckten Armen selbst abzulichten gelingt den wenigsten. Ihre Arme sind einfach zu kurz. Zudem wirkt ihr Kopf dank dem Weitwinkel-Objektiv etwas zu klobig. Das ist doch sehr unvorteilhaft. Lichtbildnern sie von unten und denken, die aufsteigende Dynamik macht Sie jünger – auch falsch. Das Einzige, was sie sehen, sind Ihre zu langen Haare, die aus Ihren Nasenhöhlen wachsen. So etwas ist nicht gerade ästhetisch.
Besser ist, Sie stellen ihre Kamera auf ein Stativ. Sollten Sie keines ihr Eigen nennen, vergessen sie den Tipp und fotografieren sie lieber weiter ihre Frau / Lebensabschnittsmodel oder begeben Sie sich in den Makrobereich.
Sollte in Ihrem Equipment dann doch zufälligerweise ein Stativ sein, dann schrauben sie die Kamera auf selbiges. Jetzt nur noch das Baströckchen überstreifen. Mit einem bunten Leibchen, das sich über Ihrem Bauch nicht allzu sehr spannen sollte, bringen sie Farbe in Ihr Selbstbildnis. Jetzt den Selbstzerstörungsmechanismus betätigen und bei einer Selbstauslösungsverzögerung von ca. 10 Sekunden bis 8 zählen. Aber zügig zählen, sonst fotografieren Sie sich beim Zählen. Wenn Sie Quantenpysiker sind, geht das selbstredend auch in Ordnung. Aber nur dann. Also wenn sie bis 8 gezählt haben, kräftig lächeln. Lächeln bitte, nicht grinsen. Grinsen lässt sie etwas blöd wirken.
Das wirklich gute Selbstbildnis erreichen Sie nur, wenn Sie sich sitzend in einem Sessel ablichten. Neigen Sie Ihre Birne bitte etwas in Richtung der Kamera. Stützen sie ihren Kopf auf ihre Hand. Den Hals etwas länger machen, sonst sieht man Ihr Doppelkinn. Wenn Sie beim Recken Ihres Halses leicht aus dem Bild verschwinden, ist das nicht wirklich schlimm. Leichte Anschnitte Ihrer Person geben dem Bild noch mehr Ausdrucksstärke und regen den Betrachter zum Nachdenken an.
Soviel zum Motiv – Ich und Selbstbildnis eines Foto Berufenen.