Hersteller Leica
Modell TL2
Original Testbilder:
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Leica TL2 - Flachmann, 3. Generation

Leica stellt seine spiegellose Systemkamera in einer neuen Version vor. Ihr Be­dienkonzept ist wie bei den Vorgängern T und TL nichts für Leica-Puristen.
Getestet in Ausgabe: FOTO HITS 1-2/2018

Die wichtigste Änderung der TL2 betrifft die Auflösung. Die neue Kamera wurde mit einem neu entwickelten Sensor im APS-C-Format ausgerüstet, der 24 Megapixel liefert. Die erste TL erreichte mit gleichem Format 16 Megapixel. Durch den neuen Aufnahmechip und die nun neueste Version des Bildprozessors „Maestro II“ steigerte sich auch die Lichtempfindlichkeit drastisch. Während bei der TL bei ISO 12.500 Schluss war, kann man die TL2 auf ISO 50.000 schalten. Im Test zeigte sie jedoch, dass dabei das Rauschen überproportional anwächst. Im unteren ISO-Bereich liefert sie sehr gute Ergebnisse mit Rauschfaktoren ab 0,37 (ISO 100) und überschreitet die 1,0-Prozent-Grenze erst bei ISO 3.200. In den zwei höchsten ISO-Einstellungen steigt dieser Faktor dann aber auf bis zu 4,66 an. Bis ISO 12.500 sind dagegen noch saubere beziehungsweise noch akzeptable Bilder zu erwarten.

Der neue Maestro-II-Bildprozessor ermöglicht auch eine höhere Geschwindigkeit. Dies macht sich nicht nur im Normalbetrieb durch flüssige Arbeitsabläufe bemerkbar, sondern auch bei den Serienbildern. Statt der fünf Aufnahmen pro Sekunde, die die TL lieferte, kann die TL2 bis zu sieben Fotos pro Sekunde im Normalmodus aufnehmen. Nutzt man nur das elektronische Verschlusssystem, das auch extreme Belichtungszeiten von bis zu 1/40.000 Sekunde erlaubt, sind bis zu 20 Bilder pro Sekunde möglich. Doch das gilt mit einer spürbaren Einschränkung: Denn leider kann man nicht per Menü auch für längere Verschlusszeiten als 1/4.000 Sekunde wählen, ob ausschließlich der elektronische Verschluss genutzt werden soll. Die Umschaltung erfolgt immer per Automatik und die erhöhte Serienbildgeschwindigkeit ist daher von der Verschlusszeit abhängig.

Das SD-Speicherkartensystem unterstützt schnelle Serienbilder durch seine Kompatibilität zum UHS-II-Standard. Nach 29 Bildern kommt die Kamera durch den dann gefüllten Zwischenspeicher jedoch ins Stocken, sodass keine wirklich langen Bilderserien in der vollen Geschwindigkeit möglich sind.

Technische Daten

Bild
  • Auflösung: 6.000 × 4.000 Pixel, 24 MP
  • Chip-Größe: 23,6 × 15,7 mm (APS-C-Format)
  • Objektiv: 35 mm (KB-Entsprechung: 52,5 mm); f1,4
  • Integrierter Bildstabilisator: ja; elektronisch
  • Verschlusszeiten: 30 bis 1/8.000 s; elektronisch bis 1/40.000 s
  • Belichtungsmodi: Vollautomatik; P, S, A und M; Szenenmodi
  • ISO: 100-50.000
  • Autofokusfelder: 49 AF-Felder; Kontrastmessung
  • Sucher: –
  • LCD: 9,4 cm; 1,3 Mio. Bildpunkte
  • Preis (UVP): 1.950 Euro
  • Internet: www.leica-camera.com

Aufbau

LCD streicheln

Die Bedienung der Kamera erfolgt wie schon bei der ersten TL von Leica zu einem großen Teil über das berührungsempfindliche Display.

Der sehr große Bildschirm im Breitformat zeigt nach dem Einschalten auf seiner ganz rechten Seite drei Symbole für „Belichtungsmodus“, „Kamera“ (für viele weitere Einstellungen wie etwa JPEG-Auflösung oder Belichtungsmessbereich) und „Info“, das unter anderem ein Raster auf dem Sucherbild zeigt oder das Histogramm einblendet. Weitere Icons erscheinen „kontextsensitiv“, ändern sich also, wenn man etwa in die Basiseinstellungen wechselt. Das Menü bietet übrigens weitere individuelle Konfigurationsmöglichkeiten, mit denen man sich die gewünschten Befehle fast beliebig zusammenstellen kann. 

Alles geschieht per Fingerzeig auf dem Touch-Monitor: Das gilt auch für die AF-Punkte. Für eine Ein-Feld-Scharfeinstellung werden sie mittels Fingerbewegungen auf dem Monitor gewählt. So kann man einen der 49 AF-Bereiche direkt aktivieren. Zudem stehen Mehrfeld-Modi und eine Gesichtserkennung zur Wahl.

Der Monitor ist mit einer Bilddiagonalen von 3,7 Zoll und somit 9,4 Zentimetern für eine Digitalkamera riesig. Seine Auflösung von 1,3 Millionen RGB-Bildpunkten hält nicht ganz mit, liefert aber ein scharfes Bild.

Einen eingebauten Sucher besitzt die Kamera nicht. Leica bietet einen elektronischen Aufstecksucher an, von dessen Einsatz kurz vor Redaktionsschluss jedoch gewarnt wurde, weil er die Kamera beschädigen kann. Ein Firmware-Update hat das Problem inzwischen behoben.

 

Doppelt drehen

Als ebenso wichtiges Bedienelement sind die beiden nahtlos in die Oberseite der Kamera integrierten Rädchen zu sehen. Sie erlauben im manuellen Modus die Einstellung von Blende und Verschlusszeit. Sie werden von der TL2 auch für viele Parametereingaben genutzt. Im P-Modus etwa verstellt man mit dem linken Rad die ISO-Lichtempfindlichkeit, während das rechte Rad als „Program Shift“-Einstellung die von der Automatik ermittelte Belichtungseinstellung unter Beibehaltung der Lichtmenge ändert – also etwa von Blende f2,8 und 1/15 Sekunde auf f1,4 und 1/60 Sekunde. So kann man trotz Automatikbelichtung eine größere Blendenöffnung wählen, wenn für Porträts eine geringere Schärfentiefe erwünscht ist. 

Die Bedienung über den Monitor und die zwei Einstellräder wird nicht jedem Fotografen gefallen, der etwas mehr Wert auf eindeutig belegte Funktionstasten, -rädchen oder -schalter legt. Selbst ein Knopf zur Ansicht von Bildern oder Videos fehlt – um zuvor aufgezeichnete Daten zu sehen, muss man auf dem Monitor von oben nach unten wischen. Durch die Bilder kann man dann per Wischbewegungen nach links und rechts blättern.

Dennoch (für Smartphone-Nutzer: Daher) ist das Leica-System intiutiv bedienbar, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat. 

Neben den klassischen Belichtungseinstellungen mit P-Automatik, Zeit- oder Blendenvorwahl bietet die Leica TL2 neun motivabhängige Belichtungsprogramme. Da­runter befindet sich mit der Einstellung „Digiskopie“ eine Lösung, die bei Tieraufnahmen mit einem Spektiv hilfreich ist. Ansonsten bietet die TL2 die üblichen Modi etwa für „Porträt“, „Sport“, „Landschaft“ oder „Sonnenuntergang“.

Porträt
Ähnlich wie in der Aufnahme der Farbmesstafel gibt die Leica TL2 im Porträt die Hauttöne sehr exakt und damit ohne künstliche Übersättigung wieder. Die diffizilen Verläufe in diesen Tönen gelingen ihr ebenfalls exzellent.Die Detailzeichnung ist durch das Zusammenspiel von Kamera und hochwertiger Optik hervorragend. Feinste Details werden ohne Probleme dargestellt, sodass zum Beispiel keine Moiré-Effekte in den Strukturen auftreten.
Testaufbau
Eine sehr scharfe Darstellung ist auch bei schwierigen Testelementen wie im Metallsieb für die Leica kein Problem. Die einzelnen Drahtfäden werden klar erkennbar dargestellt. Auch die anderen Elemente wie die Spitzlichter auf der Platine stören die TL2 nicht.Bis auf das kräftig gesättigte Blau und Türkis sind die Farbnuancen in der Version des Testbilds durch die TL2 neutral oder sogar untersättigt. Die Durchzeichnung ist sehr gut, die feinen Helligkeitsabstufungen und damit die Strukturen erscheinen sehr sauber im Foto.
Farbwiedergabe
Hohe Präzision kennzeichnet das Farbsystem der Leica TL2: Ihr automatischer Weißabgleich liefert extrem neutrale Bilder, bei denen die Grauwerte aller Helligkeitsstufen fast ganz genau getroffen werden. Die durchschnittliche Farbsättigung ist mit etwa 93 Prozent relativ niedrig, wobei dieser Effekt auch im Testbild rechts an den farbigen Elementen sichtbar wird. Nur Blau- und einige Grüntöne werden stärker gesättigt, was in den Ausschlagsbalken oben sichtbar ist. Die Durchzeichnung der Töne bleibt jedoch auch hier sehr gut: Feinste Helligkeitsstufen werden sauber reproduziert. Das gilt auch für Hauttöne, die die TL2 präzise und ohne künstlich wirkende Optimierung ganz realistisch wiedergibt.
Schärfe
Die Leica TL2 setzt die nominelle Auflösung ihres Sensors von 4.000 Linien in der Bildhöhe mit 3.792 Linien praktisch komplett in Detailzeichnung um. Ein wenig hilft der Prozessor durch digitale Schärfung nach.
Rauschen
Die Leica TL2 erreicht im ISO-200-Modus ihren maximalen Dynamikwert von 11,8 Blendenstufen. Das Rauschverhalten ist in den Lichtempfindlichkeitsstufen bis ISO 3.200 sehr gut. Hier bleibt der y-Faktor deutlich unter 1,0 Prozent.
Dynamikumfang
Die höchste ISO-Einstellung der Kamera beträgt ISO 50.000. In diesen Bildern ist das Farbrauschen aber deutlich erkennbar und wirkt störend. Der „Pixel noise“ und das in diesem Fall hohe Niveau im „Noise spectrum“ machen es klar sichtbar.
Vergleich Bildrauschen
Die Leica TL2 liefert knackig scharfe Bilder mit einem sehr natürlichen, annähernd plastischen Charakter. Die Farben sind fast schon ein wenig zu vorsichtig gesättigt. Ab ISO 12.500 werden die Rauscheffekte in den Bildern deutlich sichtbar.

Bewertung

Pro: Die Leica TL2 ist eine leistungsstarke APS-C-Systemkamera mit elegantem Design und ungewöhnlichem Bedienkonzept. Sie ist sehr kompakt und vielseitig anwendbar.

Contra: Die Handhabung kann eigentlich gefallen, wird aber Fotografen, die eine „klassische“ Bedienung wünschen, eher abschrecken. Diese werden auch den fehlenden Sucher vermissen.

Ergebnisse

Fotoauflösung
Fotoauflösung
Ausstattung
Ausstattung
Testresultate
Der extrem hohe Auflösungswert wird auch dank einer intensiven Nachbearbeitung des Bildprozessors erreicht, der eine sichtbare Überschärfung erzeugt. Harte Kontrastlinien werden demnach etwas überbetont. Die Farben der JPEGs sind leicht zu schwach, was sich aber in der Nachbearbeitung problemlos korrigieren lässt. Die Werte für den Dynamikumfang sind exzellent.

Fazit: Foto

Leica hat bei der neuen Version TL2 ihrer spiegellosen Systemkamera mit APS-C-Sensor vieles verbessert. Vor allen Dingen die Geschwindigkeit bei Aufnahme, Fokussierung, Serienbildern und mehr ist gestiegen. Moderne Ausstattungsmerkmale wie USB-3.0-Anschluss oder Wi-Fi-Funktionalität runden das Paket ab. Geblieben ist das Konzept einer hochwertigen Kamera in einem edlen Gehäuse, das aus einem einzigen Alublock gefräst und handpoliert wird, sowie die für eine Leica-Kamera sehr ungewöhnliche Bedienphilosophie über das berührungsempfindliche LCD.

Videotest

Die Einstellmöglichkeiten für das Videoformat sind begrenzt. Der Fotograf hat die Wahl zwischen 4K mit 3.840 mal 2.160 Pixel, 1080p, 720p sowie der „Slomo“-Einstellung für Zeitlupen – unterschiedliche Datenraten oder Dateiformate sind nicht wählbar. Die Filme werden daher immer als MP4 aufgezeichnet, wobei die Clips im 4K-Modus mit 100 Megabit pro Sekunde eine erfreulich hohe Datenrate nutzen. 

Das „Video“-Menü der Kamera bietet nur noch einen virtuellen Ein-/Ausschalter für die elektronische Bildstabilisierung der Filme. Außerdem gibt es eine ebenso rein elektronische „Taste“, um Windrauschen bei der Tonaufzeichnung zu reduzieren.

Die Bildfrequenzen sind ein Pluspunkt der Videofunktion. 4K wird mit 30, 1080p mit 60 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet. Bei der einfachen HD-Aufnahme mit 1.280 mal 720 Pixel sind sogar 120 Bilder pro Sekunde möglich, sodass Zeitlupen mit etwa vierfach reduzierter Geschwindigkeit des realen Geschehens entstehen.

Bei der Belichtungseinstellung sind dagegen individuelle Einstellungen praktisch nicht machbar. Unabhängig davon, ob die Fotofunktion im P-, S-, A- oder M-Modus arbeitet, wechselt die TL2 bei Druck auf den Videoauslöser in den Automatikbetrieb. Lediglich über die EV-Korrektur kann man Einfluss auf die Bildbelichtung ausüben. 

Fehlende manuelle Einstellungen gelten auch für den Ton. Die Kamera zeichnet ihn in Stereo auf, besitzt aber keinen Anschluss für ein externes Mikrofon.

Videofunktionen

  • Max. Auflösung: 3.840 × 2.160 Pixel
  • Max. Frequenz: 30 Vollbilder/s
  • Videoformat: MP4; H.264
  • Speicher: 1 × SD/SDHC/SDXC-Karten
  • Zoomen bei Filmaufnahme: ja
  • Fokussieren bei Filmaufnahme: ja, kontinuierliche Schärfenachführung
  • Stabilisator: elektronisch
  • Manuelle Belichtung: nein
  • Manuelle ISO-Einstellung: nein
  • Manueller Tonpegel/Mikrofonanschluss: nein/nein
  • Besonderheit: Zeitlupen mit 120 B/s
  • Internet: www.leica-camera.com
Videoauflösung
Bei Full HD erreicht die TL2 1.040 von 1.080 Linien in der Bildhöhe, bei 4K sind es 1.946 von 2.160 Linien. Das Testbild zeigt aber, dass ihre Nachschärfung zu Fehlern wie „Treppchenbildung“ führt.
Farbverteilung
Ebenso wie im Fotomodus zeichnen sich auch die Videos der TL2 durch einen sehr neutralen Weißabgleich aus. Die Farben sind leicht untersättigt, nur im Blaubereich kommt es zu Überbetonungen.
Realbildaufnahmen
In der Testaufnahme ist die hohe Nachschärfung der Bilder erkennbar, die fast schon wie ein Effektfilter wirkt. Dazu kommt die übervorsichtige Sättigung durch die TL2.

Fazit: Video

Die hohen Auflösungswerte im Videotest sind auch eine Folge der sehr starken Nachschärfung ihrer Filmbilder, was zu einem intensiven Video­look der Aufnahmen führt. Da manuelle Einstellungen beim Filmen fehlen, sind individuelle Anpassungen nicht möglich, sodass man die Clips der TL2 nur für bewegte Schnappschüsse nutzen kann.

Leica TL2: Gesamtnote

Bild