Tonartist

Saul Leiter (1923 bis 2013) gehört zu den frühen Grenzgängern der Street Photography: Er legte beispielsweise Farbfilme ein, als es verpönt war. Um deren Palette zu beeinflussen, wählte er abgelaufene Dia-Filme, die ihm den gewünschten Pastellton schenkten. Mit ihnen schuf er abstrakte Impressionen, was mit den klaren Bildstrukturen eines Henri Cartier-Bresson brach. Leiter war aber keineswegs auf Film festgelegt: Unbekümmert wechselte er mit 82 Jahren zur Digitalkamera.

Wenn Leiters Kompositionen Musikstücke wären, dann wohl Jazz: emotional, rhythmisch und mit verblüffenden Klangfarben. Folgerichtig gestaltete er auch Jazz-Plattencover, im Gegenzug widmete ihm der Saxofonist Ken Vandermark das Stück „Early Color“. Allerdings arbeitete Leiter zudem als Modefotograf, da er sogar mit 74 Jahren nur wenige Kunstwerke verkaufte. Seine Dias überlebten glücklicherweise selbst heiße New Yorker Sommer und wurden in den vergangenen Jahren zunehmend erschlossen. Der Bildband versammelt daraus 76 Glanzstücke.

Margit Erb, Michael Parillo (Hrsg.): Unseen Saul Leiter. Kehrer 2022, 160 Seiten, Hardcover, ISBN 978 3 96900 083 0, Preis: 39,90 Euro