Hersteller Canon
Modell EOS 77D
Original Testbilder:

Canon EOS 77D - Bewährte Mittelklasse

Die Canon EOS 77D bietet nicht unbedingt revolutionäre Neuheiten, aber für ihren Preis eine solide Ausstattung und sehr gute Bildqualität.
Getestet in Ausgabe: FOTO HITS 1-2/2018

Mitte Februar 2017 hat Canon drei neue Systemkameras vorgestellt, die sich vielen Dingen ähneln. Die spiegellose Systemkamera EOS M6 sowie die zwei DSLRs EOS 800D und EOS 77D sind alle mit einem neuen 24-Megapixel-Sensor ausgestattet, um auch in der gehobenen Einstiegs- beziehungsweise SLR-Mittelklasse eine hohe Auflösung zu bieten. Die beiden Spiegelreflexmodelle ergänzen die bisherigen Modelle EOS 750D und 760D, wobei ähnlich wie bei diesen Vorgängerprodukten die Unterschiede zwischen beiden Neuheiten eher in der Handhabung als im Innenleben liegen.

Für diesen FOTO HITS-Test stand mit der EOS 77D die „größte“ Neuvorstellung zur Verfügung, die zum Beispiel mit einem großen Status-LCD auf der Oberseite ausgerüstet ist und sich auch hinsichtlich der Anordnung der weiteren Bedienelemente grob an der EOS 80D orientiert, also zwischen diesem Modell und der EOS 760D angesiedelt ist. Der praktische kleine Joystick, der auf größeren SLR-Modellen von Canon die Menünavigation noch einmal erleichtert und schneller macht, fehlt bei der 77D aber ebenso wie bei der größeren und älteren 80D. Letztere ist übrigens auch mit einem wetterfesten Gehäuse versehen, was der 77D leider fehlt. Diese ist dagegen spürbar leichter und somit etwa im Urlaub komfortabler zu transportieren.

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Technische Daten

Bild
  • Auflösung: 6.000 × 4.000 Pixel, 24 MP
  • Chip-Größe: 22,3 × 14,9 mm
  • Objektiv: EF/EF-S-Bajonett; 18-55 mm (28,8-88 mm KB); F4,0-5,6
  • Integrierter Bildstabilisator: nein; abhängig vom Objektiv
  • Verschlusszeiten:  Bulb; 30 bis 1/4.000 s
  • Belichtungsmodi: Vollautomatik; P, S, A und M; Effekt- und Szenenmodi
  • ISO: 100-25.600 (zusätzlich 51.200)
  • Autofokusfelder: 45 AF-Felder auf AF-Sensor; Kreuzsensoren
  • Sucher: optischer SLR-Sucher; 
  • Live-View per Umschaltung
  • LCD: 7,7 cm; 1,04 Mio. Bildpunkte
  • Preis (UVP): 899 Euro (nur Body)
  • Internet: www.canon.de

Aufbau

Steuerzentrale

Bei der EOS 77D sorgen zwei Einstellräder in der Nähe des Auslösers und auf der Rückseite dafür, dass man die Blende und Verschlusszeit simultan verstellen kann. Ihr Menü ist – im Gegensatz zur EOS 800D mit einer eher für Einsteiger geeigneten Hilfe- und Anleitungsfunktion – eher klassisch aufgebaut. Es wurde ähnlich wie bei anderen Canon-Neuheiten etwas „aufgefrischt“, gefällt aber durch eine sehr klare Struktur, in der sich nicht nur Canon-Fotografen sofort zurechtfinden, sondern mit der auch Ein- und Umsteiger schnell die gesuchten Einstellungen finden. 

 

Bewährtes und mehr

Wie die EOS 800D verfügt auch die neue EOS 77D jetzt über Canons „Dual Pixel CMOS AF“. Diese Lösung bietet ein Phasendetektionssystem auf dem Sensor an, indem quasi jedes Pixel zwei Photodioden umfasst und somit einerseits eine schnelle Scharfstellung ähnlich wie bei zusätzlichen AF-Sensoren in SLR-Kameras bietet und andererseits bei Nutzung des elektronischen Live-Sucherbilds beziehungsweise der Videoaufnahmen aktiv ist. Damit kann es flotter als die herkömmlichen Kontrastfokusmessungen sein. Bei fotografischen Aufnahmen erlaubt das System eine kontinuierliche, sehr feinfühlige Scharfeinstellung und laufende Korrektur auch bei bewegten Motivelementen, die etwa auf den Fotografen zukommen, ohne wie bei Kontrastmesssystemen auf Vor- und Rückbewegungen des Linsensystems zurückgreifen zu müssen. Gegenüber der bisherigen 750/760D-Linie ist das also ein großes Plus der neuen EOS 77D.

Bei Verwendung des klassischen Fokussystems und des vom Spiegelreflexverfahren gelieferten optischen Sucherbilds bietet die Canon EOS 77D ein System mit 45 AF-Messfeldern an, die alle als Kreuzsensoren arbeiten. Wichtig für Naturfotografen mit extremen Teleobjektiven: 27 der Sensoren arbeiten auch bei extrem geringen Lichtstärken von 1:8, also selbst dann, wenn ein solches Objektiv mit einem lichtschluckenden Telekonverter genutzt wird. Im FOTO HITS-Test konnten sowohl das „Dual Pixel CMOS AF“-System bei Einsatz des elektronischen Sucherbilds als auch das konventionelle Fokussystem der 77D voll überzeugen. Der Autofokus packt bei klassischen Objektiven wie dem „Canon EF 17-40mm f/4 L USM“ ausgesprochen flott zu. Dagegen gefiel bei Einsatz eines modernen STM-Objektivs wie dem im Kit mitgelieferten „EF-S 4-5,6/18-55 mm IS STM“ vor allen Dingen die Zusammenarbeit mit dem „Dual Pixel CMOS AF“. Er sorgte für weiche und – speziell für Video­aufnahmen wichtig – stufenlose und unauffällige Verstellungen auch bei jeder Menge „Action“ im Bild.

Dass es sich bei der EOS 77D um eine Kamera handelt, die noch eher dem Einstiegssystem zugeordnet werden muss, macht nur das optische Sucherbild deutlich. Es umfasst lediglich 95 Prozent des aufgenommenen Bilds und erschwert damit die Bildgestaltung, weil immer „mehr“ auf dem Foto landet, als man zuvor gesehen hat.

Wer bei Canon die 100-Prozent-Abdeckung in der APS-C-Klasse sucht, muss dann doch schon zur EOS 80D greifen. Zudem ist die Sucherbildvergrößerung der EOS 80D mit Faktor 0,95 gegenüber 0,82 bei der EOS 77D spür- und sichtbar höher.

 

Schön flott

Der neue „Digic 7“-Bildprozessor der EOS 77D erlaubt es ihr, bis zu sechs Bilder pro Sekunde in voller Auflösung und auch bei Speicherung von Raw-Bildern aufzunehmen. Sichert man Rohdaten, sind laut Datenblatt pro Aufnahmeserie etwa 25 Bilder in einer Serie möglich, was im Test bestätigt werden konnte. Bei JPEG-Serienbildern gibt Canon etwas zu übervorsichtig nur 110 Bilder am Stück an, denn im FOTO HITS-Test wurden mit einer schnellen Lexar-Speicherkarte auch Serien mit weit über 500 Aufnahmen in einer Folge aufgezeichnet. Im Grunde besteht also keine Bildanzahlbeschränkung durch die Kamera und ihren Zwischenspeicher, sondern eher durch die SD-Karten- und Akkukapazität.

Porträt
Ähnlich wie im Bild der Testbox links unten sind auch im Porträt die feinen Strukturen – etwa die Haare des Models – durch eine digitale Nachschärfung der EOS 77D leicht überbetont. Die Hautreproduktion durch die Canon EOS 77D ist insgesamt stimmig, wobei sie helle Nuancen exakt trifft (siehe auch Ergebnisgrafik links unten). Das Rot der Kleidung ist kräftig gesättigt, aber noch gut differenziert.
Testaufbau
Die Schärfeleistung der Kamera ist sehr hoch, wobei der knackige Bildeindruck auch durch eine digitale Überschärfung der Kontrastkanten entsteht. Die feinen Strukturen im Sieb und auf der Platine werden daher fast schon überbetont und wirken etwas künstlich.Die Differenzierung aller Farben gelingt der Canon EOS 77D trotz ihrer sehr hohen Gesamtsättigung sehr gut. Selbst das schwierige Rot wird deutlich in seine Helligkeitsunterschiede unterteilt, wirkt aber je nach Nuance manchmal schon etwas „überstrahlt“.
Farbwiedergabe
Fast schon Canon-typisch fällt die Farbwiedergabe auch der neuen EOS 77D aus: Fast alle Nuancen sind sehr stark gesättigt. Die für den Test auf „Standard“ eingestellte Farbcharakteristik gibt die Bilder mit einer durchschnittlichen Sättigung von 112,6 Prozent wieder, wobei besonders die roten Töne sehr kräftig dargestellt werden. Um das Rot noch leuch­tender zu halten, sorgt die EOS 77D für einen hohen Gelbanteil, was etwa im Porträtbild oben sichtbar ist.Das Automatiksystem für den Weißabgleich liefert aber eine sehr stimmige Gesamtreproduktion. In der Testtafel wurden alle Grauwerte neutral, aber durch die Belichtung im P-Modus (ISO 100) leicht zu hell dargestellt.
Schärfe
Mit einer deutlich sichtbaren Nachschärfung hilft die Canon den Auflösungswerten in der Messung nach. Sie erreicht mit 3.600 von 4.000 Linien in der Bildhöhe ein hohes Ergebnis, betont aber die Kontrastkanten zu stark.
Rauschen
Bei ISO 100 erreicht die Kamera mit 11,9 Blendenstufen einen exzellenten Dy­na­mikwert für eine Kamera mit APS-C-Sensor. Der Rauschfaktor von 0,46 Prozent ist recht niedrig, das Farbrauschen in den Fotos selbst ist nicht sichtbar.
Dynamikumfang
Ein Rauschfaktor von 2,02 Prozent bei ISO 25.600 ist ebenfalls typisch für eine Kamera mit APS-C-System. Das Farbrauschen ist in den Fotos nur als leichte Schlierenbildung zu sehen, denn die Kamera setzt eine kräftige Glättungsfilterung ein.
Vergleich Bildrauschen
Auch bei wenig Licht liefert die Canon EOS 77D sehr gute Bilder. Die höheren Lichtempfindlichkeitseinstellungen sind bis mindestens ISO 6.400 bedenkenlos einsetzbar. In den höchsten Modi wird die entsprechende Filterung gegen das Rauschen deutlich sichtbar.

Bewertung

Pro: Umfangreich ausgestattete SLR-Kamera mit sehr guter Bildqualität und vielen Funktionen, die eher zur Mittel- und Profi-Klasse gehören. Dazu zählt das flotte und vielseitige Autofokussystem. 

Contra: Das Gehäuse der Kamera ist leider nicht wetterfest und wirkt hinsichtlich des verwendeten Kunststoffs billig. Der optische Sucher bietet nur eine Bildfeldabdeckung von 95 Prozent.

Ergebnisse

Fotoauflösung
Fotoauflösung
Ausstattung
Ausstattung
Testresultate
Die neue Canon liefert eine sehr gute Umsetzung ihrer 6.000 mal 4.000 Pixel auf dem Bildsensor, denn das Testbild gab sie mit 3.600 Linien in der Bildhöhe wieder. Die Farbsättigung ist für eine SLR-Kamera ein wenig zu hoch, sorgt damit aber für brillante, leuchtende Bilder. Das Rauschverhalten und die Kontrastdarstellung ist für eine Kamera mit APS-C-Sensor ebenfalls sehr gut.

Fazit: Foto

Die neue Canon EOS 77D zeigt, was in der gehobenen SLR-Mittelklasse und auf Basis eines APS-C-Sensors heutzutage möglich ist. Die Bildqualität ist sehr gut, nur die Detailwiedergabe wirkt durch die digitale Nachschärfung mitunter etwas zu knackig und kontrastkantenbetont. Die Farbdarstellung ist ebenfalls sehr kräftig und damit gegenüber den realen Vorgaben etwas übersättigt, was den meisten Bildbetrachtern aber durchaus gefällt. Sehr gute Leistungen sind bei Serienbildern, der Darstellung von Kontrasten und beim Rauschen möglich.

Videotest

Die Canon bietet eine Full-HD-Videoaufzeichnung, wobei sie die Filme mit 1.920 mal 1.080 Pixel auch in relativ hoher Bildfrequenz von maximal 60 Aufahmen pro Sekunde erfasst. Gespeichert werden die Filme als MP4-Datei mit H.264-Komprimierung. Dabei kommt grundsätzlich eine „inter frame“-Aufzeichnung zum Einsatz, die jedes Einzelbild statt Gruppen von Aufnahmen sichert.

Die Kamera besitzt zwar kein Bildstabilisationssystem auf Basis einer Sensorverschiebung, bietet aber eine elektronische Stabilisierung an. Dabei wird quasi das Aufnahmebild auf dem Sensor verschoben, um die Verwackler auszugleichen. 

Diese Technik, die auch bei vielen Camcordern verwendet wird, reduziert je nach Stärkeeinstellung jedoch das Aufnahmefeld auf 90 bis 70 Prozent. Das bedeutet aber auch eine zusätzliche „Brennweitenverlängerung“. Die entsprechende Bildwirkung ist auf dem Live-Bildsucher bei Aktivierung der Funktion mit ihren zwei Stufen sofort erkennbar. Speziell die stärkere Stabilisierungseinstellung sorgt für sehr schön ruhige und verwacklungsarme Aufnahmen.

Die Canon kann über das Wahlrad in die P- und M-Aufnahmeposition geschaltet werden, sodass neben der Automatik auch rein manuelle Belichtungseinstellungen, aber keine Halbautomatiken wie Blenden- oder Zeitvorwahl einsetzbar sind. Die Vorgabe der ISO-Lichtempfindlichkeit ist nur im M-Modus aktiv, im P-Modus ermittelt die 77D die notwendige Einstellung selbsttätig.

Videofunktionen

  • Max. Auflösung: 1.920 × 1.080 Pixel
  • Max. Frequenz: 60 Vollbilder/s
  • Videoformat: MP4; H.264
  • Speicher: 1 × SD/SDHC/SDXC-Karten
  • Zoomen bei Filmaufnahme: ja
  • Fokussieren bei Filmaufnahme: ja, kontinuierliche Schärfenachführung
  • Stabilisator: digital
  • Manuelle Belichtung: ja (nur M)
  • Manuelle ISO-Einstellung: ja (M)
  • Manueller Tonpegel/Mikrofonanschluss: ja/ja
  • Besonderheit: Videoschnappschuss
  • Internet: www.canon.de
Auflösung
Das Auflösungstestbild gab die Canon EOS 77D im Videomodus mit 916 von 1.080 Linien in der Bildhöhe wieder. Wie im Fotomodus ist eine digitale Verstärkung an den Kontrastkanten sichtbar.
Farbverteilung
Vergleichbar zur Farbdarstellung im Fotomodus ist auch die Farbwiedergabe bei Videos. Der Weißabgleich tendiert leicht in wärmere Richtung und Farben wie Rot und Blau sind sehr stark gesättigt.
Realbildaufnahmen
Die Farben der Canon-Videos fallen im Rot der Dächer und Grün der Baumblätter relativ kräftig aus. In den Strukturen der Dachziegel treten leicht schillernde Moiré-Effekte auf.

Fazit: Video

Die erfreulich hohe Auflösung ihrer Full-HD-Filme ist ein Pluspunkt der Kamera, die aber leider keinen 4K-Aufnahmemodus kennt. Beim Filmen verhilft sie mit einem digitalen Bildstabilisator zu sehr ruhigen Aufnahmen und bietet vielseitige Einstellmöglichkeiten. So sind alle Aufnahmeparameter auch beim Filmen von Hand festlegbar.

Canon EOS 77D: Gesamtnote

Bild