Hersteller | Hasselblad | |
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Modell | X1D | |
Original Testbilder: | ||
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Neuland kann man nicht nur im Internet betreteten. Beim Kamerabau zeigt zum Beispiel Hasselblad mit der X1D, dass das schwedische Unternehmen immer für eine dicke Überraschung gut ist. Die X1D basiert auf einem 50-Megapixel-Sensor in Mittelformatgröße, den man bereits aus der Hasselblad H5D-50C kennt. Im Gegensatz zu dieser Kamera ist die neue X1D jedoch kein Spiegelreflexmodell, sondern gehört zu den spiegellosen Systemen. Sie arbeitet mit einem elektronischen Sucher, der 2,36 Millionen RGB-Bildpunkte auflöst, beziehungsweise kann ihren LC-Bildschirm auf der Rückseite als Sucher verwenden.
Wegen des Sensors im Format 43,8 mal 32,9 Millimeter, des fehlenden Spiegelkastens und geändertem Auflagemaßes mussten für die X1D auch neue Objektive entwickelt werden, die mit Zentralverschlüssen und integriertem Autofokusantrieb arbeiten. Die zur Markteinführung angekündigten Objektive „XCD 3,5/45mm“ und das „XCD 3,2/90mm“ waren für den Test verfügbar, während der angekündigte Adapter für die Verwendung von Objektiven der H-Serie noch nicht erhältlich war.
Die Bedienung der Kamera stellt Anwender von Systemkameras mit kleineren Sensoren vor keine Probleme. Hasselblad ist ein sehr in sich konsistentes Konzept gelungen, das die Funktionstasten, Einstellräder und den berührungsempfindlichen Monitor zu einer ebenso übersichtlichen wie effizient steuerbaren Einheit verschmilzt. Einstellungen von Belichtungs- oder anderen Parametern sind komfortabel möglich, auch wenn man die X1D bei laufender Aufnahme ans Auge hält und dabei Korrekturen vornehmen möchte. Das Menü kann vom Anwender individuell erweitert werden und ist auch grafisch/typografisch sehr gelungen.
Die Kamera besitzt kein Steuerfeld oder einen Joystick für die Menünavigation. Stattdessen wird entweder das berührungsempfindliche Display genutzt oder man setzt die Einstellräder vorne und hinten für die Bewegungssteuerungen ein. Das gilt zum Beispiel auch dann, wenn man den aktiven AF-Bereich auf einen anderen Motivteil legen will. Mit den zwei Rädern lässt sich seine Position bequem nach oben und unten sowie nach rechts und links verlagern.
Die für eine Mittelformatkamera extrem kompakten Abmessungen und das relativ schmale Gehäuse bieten viel Komfort. Es ist aus massivem Metall gefertigt und liegt wie angegossen in der Hand des Fotografen, die Bedienelemente sind leicht erreichbar. Hilfreich wäre vielleicht ein schwenk- oder wenigstens klappbares Display.
Die Kamera arbeitet mit einem AF-System auf Basis einer Kontrastmessung im vom Sensor erfassten Sucherbild. Der gewünschte Fokussierbereich ist vom Fotografen aus 35 Feldern wählbar, die fast das gesamte Bildfeld abdecken. Die Fokussiergeschwindigkeit ist akzeptabel, erreicht aber bei weitem nicht die rasanten Vorstellungen, die spiegellose Systemkameras mit kleineren Sensoren liefern.
Bei gleichzeitiger Aufnahme von JPEG- und Raw-Dateien nahm die zum Test zur Verfügung gestellte X1D die JPEGs mit zwölf Megapixel auf. Das wird sich mit einer der nächsten Firmware-Versionen noch im Menü verändern lassen, um auch hochauflösendere „Sofortbilder“ zu erhalten. Die Raw-Fotos der Kameras lassen sich mit der für Hasselblad-Anwender kostenlos herunterladbaren Software „Phocus 3.1.3“ optimieren und in JPEG/TIFF-Dateien wandeln. Auch „Adobe Photoshop“ und „Adobe Lightroom“ können die Daten der Kamera lesen und verarbeiten.
„Phocus“ von Hasselblad bietet umfangreiche Funktionen zur Bildverwaltung und -bewertung. Zudem können die Raw-Dateien mit sehr vielen Korrekturwerkzeugen, die zum Beispiel auch die Nutzung von Objektivprofilen umfasst, sehr feinfühlig bearbeitet werden. Wie bei allen hochauflösenden Kameras ist beim Raw-Arbeitsablauf zu beachten, dass extrem große Datenmengen entstehen. Die X1D-Raw-Bilder sind knapp 110 Megabyte groß, eine ins TIF-Format gewandelte Acht-Bit-Datei entspricht knapp 200 Megabyte.
Die Kamera besitzt zwei Speicherkartenschächte, die auch parallel – etwa zur JPEG-Aufzeichung auf einer und zur Raw-Sicherung auf der anderen Karte – genutzt werden können. Die Datenübertragung oder der Anschluss der X1D an den Rechner für das „Tethered Shooting“ erfolgen über eine USB-3.0-Schnittstelle (Typ C), die hohe Datenübertragung und komfortable Handhabung etwa durch einen beliebig drehbaren Stecker bietet. Per mobiler App und WLAN-Anschluss ist eine Fernsteuerung vom Smartphone möglich. Bislang steht dies für Apple iOS zur Verfügung, eine Android-Version ist angekündigt.
Die Farbdarstellung und Auflösung der Kamera sind bemerkenswert: Die X1D erzeugt sehr saubere und extrem detaillierte Bilder. Feinste Abstufungen in den Farbnuancen und saubere Verläufe sorgen für eine schon fast plastisch wirkende Darstellung aller Motivbereiche. Mit der hohen Auflösung von 50 Megapixel lassen sich auch relativ kleine Bildausschnitte stark vergrößert ausgeben.
Die neue Mittelformat-Hasselblad kann mit Lichtempfindlichkeitsstufen von ISO 100 bis ISO 25.600 arbeiten. Empfehlenswert ist aber der Einsatz bis etwa ISO 1.600, denn bei ISO 12.800 und ISO 25.600 treten sehr starke Farbrauscheffekte auf. Hier macht sich die extrem hohe Pixeldichte bemerkbar, die trotz der großen Sensorfläche relativ kleine Fotodioden pro Pixel notwendig macht.
Pro: Sehr handliches und leichtes Mittelformatsystem mit erstklassiger Bildqualität. Das durchdachte Bedienkonzept sowie die Handhabung und auch die Verarbeitung sind auf Top-Niveau.
Contra: Bislang stehen nur zwei native XCD-Objektive zur Auswahl. Die Leistungen bei Videoaufnahmen sind eher enttäuschend. Mit knapp 10.000 Euro ist das System auch nicht ganz billig.
Mit der X1D ist Hasselblad eine Kamera gelungen, die die Vorteile der spiegellosen Systemtechnik mit dem Mittelformatsensor auf erstklassige Weise verbindet. Die Kamera liefert exzellente Bildqualität, ist dabei aber einfach bedienbar und durch ihre Kompaktheit – auch die ihrer Objektive – ein sehr handliches System. In der Bedienung sind noch kleinere Verbesserungen möglich (JPEG in voller Bildauflösung). Qualitative Schwächen zeigen sich nur in Videoaufnahmen (siehe gegenüberliegende Seite), was angesichts des Konzepts der Fotokamera vernachlässigbar ist.
Ob Profi-Fotografen, die sich für ein Mittelformatsystem entscheiden, diese Kamera tatsächlich auch für das Filmen einsetzen, bleibt ihnen selbst überlassen. Genau wie einige Mittelformatkonkurrenten etwa von Leica oder Pentax bietet aber auch die Hasselblad X1D die Möglichkeit dazu. Ihre Filme sind jedoch auf Full-HD-Auflösung mit 1.920 mal 1.080 Pixel beschränkt.
Gespeichert werden die Daten genau wie die Fotos auf den SD-Speichermedien in den zwei zur Wahl stehenden Kartenschächten. Sie werden im Standardformat MP4 mit einer H.264-Kompromierung gesichert, wobei sie mit einer Farbunterabtastung von 4:2:0 und acht Bit ebenfalls keine Besonderheit, sondern das heute übliche Standardniveau liefern.
Die Hasselblad ermöglicht bei ihren Videoaufnahmen auch manuelle Einstellungen. Die Schärfe kann mittels des elektronischen Suchers und einer Sucherlupe (vergrößerter Bildausschnitt) recht komfortabel vorgenommen werden, nur weitere Hilfen wie etwa „Focus Peaking“ fehlen ihr. Das wird dem Vernehmen nach in einer der nächsten Firmware-Versionen noch korrigiert.
Auch manuelle Belichtungseinstellungen sind für die Filmaufnahme erlaubt. Der ISO-Wert kann dabei zwischen den auch für Fotos geltenden Bereich von ISO 100 bis 25.600 festgelegt werden. Die Kamera besitzt Audio-Ein- und Ausgänge, kann also externe Mikrofone und für die Tonkontrolle einen Kopfhörer nutzen.
Gegenüber den erstklassigen Ergebnissen bei fotografischen Aufnahmen fallen die Ergebnisse der X1D im Videomodus deutlich ab. Nichtsdestotrotz kann man mit ihr zum Beispiel How-To-Videos bei der Arbeit im Studio aufnehmen, die durch die auch im Video sichtbare Ästhetik des Mittelformats (etwa geringe Schärfentiefe) gefallen.