Surreal

Das Leben von Lee Miller spiegelt dasjenige vieler anderer Menschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wider: Die Normalität fand im 2. Weltkrieg ein jähes Ende, bereits eingeschlagene Wege waren versperrt und junge Menschen verwandelten sich durch die Erfahrung von Gewalt und Tod. Exemplarisch dafür steht das Bild, das Miller 1944 am Eingang zur Festung Saint-Malo in Frankreich zeigt (Abbildung 74 auf Seite 163 im Buch): Aus dem Model für die Vogue mit ausgeprägtem Interesse an Fotografie und Surrealismus war eine Kriegsberichterstatterin mit ernstem Gesicht geworden. Vielleicht als Reaktion darauf zog sie sich ab 1949 zunehmend in ihr Landhaus auf der Farley Farm im Süden Englands zurück, ihre Kreativität lebte sie nun vor allem beim Erfinden neuer Kochrezepte aus.

Etwa ein Viertel des Buchs ist der Lebensgeschichte Millers gewidmet. Der umfangreiche Bildteil zeigt zahlreiche Fotos in chronologischer Ordnung, beginnend mit ihrer Zeit als Fotomodell in den 1920er-Jahren über ihre surrealistischen Arbeiten und die Kriegsaufnahmen bis zu den späten Jahren auf Farley Farm.

Kathrin Baumstark (Hg.): Lee Miller. Fotografin zwischen Krieg und Glamour. Hirmer 2023, 240 Seiten, Hardcover, ISBN 978 3 7774 4132 0, Preis: 45 Euro