Technikblog

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Nikons neues Z-System

Spiegellose Systemkameras mit Vollformatsensor

Lange hat es gedauert, doch umso konsequenter fällt Nikons Schritt in die Welt der spiegellosen Kameras mit Vollformat aus: Mit der Z 6 und Z 7 geht der Hersteller gleich mit zwei Kameras mit brandneuem Z-Objektivbajonett an den Start. Sie gleichen sich wie eineiige Zwillinge, unterscheiden sich aber unter anderem in der Sensorauflösung.

Nikon Z 6 mit neuem Z-Objektiv Nikkor Z 24-70 mm 1:4 S
Nikon Z 6 mit neuem Z-Objektiv Nikkor Z 24-70 mm 1:4 S
Nikon Z 7 mit neuem Z-Objektiv Nikkor Z 24-70 mm 1:4 S
Nikon Z 7 mit neuem Z-Objektiv Nikkor Z 24-70 mm 1:4 S

Die digitale Fotografie ist in den letzten Jahren maßgeblich von zwei Aspekten beeinflusst worden: Zum einen sorgen fotografierende Smartphones dafür, dass immer weniger Kompaktkameras genutzt werden. Zum anderen macht das Aufkommen der spiegellosen Systemkameras mit Wechselobjektiven den etablierten SLR-Herstellern starke Konkurrenz.

Bei den auch DSLMs (Digital Single Lens Mirrorless) genannten Modellen mit ihrem elektronischen Sucher gab es bislang mit Sony nur einen tatsächlich marktrelevanten Anbieter. Neben Leica bietet der Hersteller Kameras mit Vollformatsensor an, der dem Kleinbildformat von 36 mal 24 Millimetern entspricht. Das ist nun Geschichte: Nikon bringt mit dem Z-Bajonettsystem eine neue Kameraserie mit a) Vollformatsensor, b) neuem Objektivbajonett und c) elektronischem Suchersystem auf den Markt. Den Start machen die zwei Modelle Z 6 und Z 7, die damit den großen Gedanken von Nikon in die Praxis umsetzen. FOTO HITS konnte anlässlich der Neuvorstellungen in Tokio die Nikon Z 7 einem ersten vorläufigen Test unterziehen.

 

Anmerkungen: Alle subjektiven Bemerkungen zu den neuen Kameras beruhen auf ersten Ansichtsmodellen der Nikon Z 7, die mit annähernd finalem Auslieferungsstandard für die Versuche zur Verfügung stand. Die Aussagen dieses Vorabtests sind daher noch unter Vorbehalt zu sehen, da sie sich mit Erscheinen der Kameras und ihrer dann endgültigen Firmware auf dem deutschen Markt noch leicht ändern können.

KAMERAAUFBAU

Das 24-70er und die Nikon Z 7 liefern gemeinsam hochauflösende, detailreiche Bilder.
Das 24-70er und die Nikon Z 7 liefern gemeinsam hochauflösende, detailreiche Bilder.
Die Z 7 liefert detailreiche Bilder mit kräftigen Kontrasten.
Die Z 7 liefert detailreiche Bilder mit kräftigen Kontrasten.

Die Z 6 ist mit einem Sensor (CMOS-BSI) mit 24,5 Megapixel sowie integriertem Autofokus mit Phasenerkennung (PDAF) mit 273 AF-Feldern ausgerüstet. Sie erreicht bis zu zwölf Aufnahmen pro Sekunde im Serienbildmodus.

Die Z 7 bringt es auf 45,7 Megapixel und arbeitet mit einem Fokussystem, das 493 AF-Felder umfasst. Ihre Höchstgeschwindigkeit liegt bei – angesichts der hohen Auflösung - immer noch sehr stolzen neun Aufnahmen pro Sekunde. Beide Kameras zeichnen neben Fotos auch 4K-Videos mit bis zu 3.840 mal 2.160 Pixel und auf Wunsch auch im N-LOG-Farbraum auf. Bei Ausgabe über HDMI sind Filmaufzeichnungen sogar mit Zehn-Bit-Datentiefe möglich.

Der Bildsensor der Z 6 beziehungsweise Z 7 wird von einem Bildstabilisator gehalten, der über fünf Bewegungsachsen aktiv ist. Die Montage der Kameras findet im Nikon-Werk Sendai statt.
Der Bildsensor der Z 6 beziehungsweise Z 7 wird von einem Bildstabilisator gehalten, der über fünf Bewegungsachsen aktiv ist. Die Montage der Kameras findet im Nikon-Werk Sendai statt.

Erstmals für Systemkameras von Nikon sind die neuen Zs mit internen Stabilisatoren (IBIS) ausgerüstet, die über fünf Achsen wirksam sind und bis zu fünf Belichtungsstufen Gewinn für längere Verschlusszeiten erlauben sollen. Bei Videoaufnahmen lässt sich eine elektronische Stabilisierung hinzuschalten.

SUCHER

Die Kamera arbeitet mit einem hochauflösenden und elektronischen Sucher, dessen optisches System im Okular extrem aufwändig gebaut ist.
Die Kamera arbeitet mit einem hochauflösenden und elektronischen Sucher, dessen optisches System im Okular extrem aufwändig gebaut ist.

Beide Kameras bieten elektronische Sucherlösungen mit sehr hoher Auflösung, denn beim Blick durch den Sucher fallen 3,69 Millionen Bildpunkte ins Auge. Nikon hebt die hohe Qualität auch des optischen Systems im Okular des elektronischen Suchers hervor, sodass der Blick hindurch dem eines klassischen Spiegelreflexssuchers in Nichts nachstehen sowie Farbfehler reduzieren und einer Ermüdung des Auges vorbeugen soll. Tatsächlich zeigten schon die beim ersten FOTO HITS-Test in Tokio gezeigten Vorserienmodellen ein erstklassiges Bild. Praktisch ist auch das per i-Taste einblendbare Schnellmenü, dank dem dass man die Z 6/7 nicht vom Auge nehmen muss. So lassen sich Basiseinstellungen komfortabel festlegen.

Durch den fehlenden Spiegellkasten ist die Z 7 eine sehr schlanke Vollformatkamera.
Durch den fehlenden Spiegellkasten ist die Z 7 eine sehr schlanke Vollformatkamera.

Alternativ zum Sucher bieten beide Kameras klappbare LCDs auf ihren Rückseiten. Diese besitzen eine Bilddiagonale von acht Zentimetern (3,2 Zoll) und fallen damit sehr groß aus. Dem steht auch die Auflösung in nichts nach, denn sie erreicht 2,1 Millionen RGB-Bildpunkte. Die brillanten LCDs ließen sich auch im strahlenden Sonnenschein des japanischen Hochsommers sehr gut ablesen. Natürlich ist dann das Arbeiten mit einem abgeschatteten Bildschirm im Sucherokular dennoch komfortabler. Wie bei anderen DSLM-Kameras üblich, wird der Sucher aktiv, wenn sich das Auge ihm nähert. Der entsprechende Wechsel lässt aber natürlich auch mit einer Taste durchführen.

Der Klappmechanismus erlaubt ein Schwen­ken des Bildschirms nach obem um etwa 110 Grad, nach unten lässt er sich sich ebenfalls in diesem Bereich kippen, sodass man komfortabel „Über-Kopf-Aufnahmen“ machen kann. Ganz so beweglich wie Monitore mit seitlichem Rotationsgelenk ist eine solche Lösung zwar nicht, aber das Sucherbild kann auch so in vielen Aufnahmesituationen im Blick behalten werden und zudem wirkt der Kippmechnimus sehr robust.

ERGONOMIE

Mit einer Naheinstellgrenze von nur 30 Zentimetern lässt sich das 24-70er-Objektiv fast für Makroaufnahmen nutzen.
Mit einer Naheinstellgrenze von nur 30 Zentimetern lässt sich das 24-70er-Objektiv fast für Makroaufnahmen nutzen.
Hohe Schärfe und sehr gute Farbdifferenzierung ist bereits in den ersten Testbildern mit der Z-Serie erkennbar.
Hohe Schärfe und sehr gute Farbdifferenzierung ist bereits in den ersten Testbildern mit der Z-Serie erkennbar.

Das Gehäuse der beiden Kameras kommt Nikon-typisch ausgesprochen robust und massiv daher. Wie die SLRs des Herstellers basiert es auf einem Chassis aus einer Magnesium-Legierung und ist daher recht leicht, dennoch wirkt es wie bei den größeren SLRs, als ob man damit Nägel in die Wand schlagen könnte. 

Das Gehäuse selbst ist ergonomischer geformt als etwa die direkte Konkurrenz aus dem Hause Sony. Die Nikons bieten einen wuchtigen und recht tiefen Griffwulst, mit dem sie erstklassig in der Hand liegen. Auf diesem Griff befindet sich der Auslöser, der Zusatzauslöser für die Videoaufzeichnung, die ISO-Einstellung und die globale Belichtungskorrektur, sodass diese Einstellungen schnell zu treffen sind. Noch hilfreicher wird der angekündigte und noch in der Entwicklung befindliche Batteriegriff sein, der nicht nur die Haltung der Kamera bei Hochformataufnahmen erleichtert, sondern mit zusätzlichem Auslöser und weiteren Bedienelementen auch die Steuerung der neuen Nikons in dieser Aufnahmeposition erleichtert. Gemeinsam mit dem 24-70er-Objektiv wirkte die Kamera bereits im Originalzustand sehr gut ausbalanciert. 

Auf ihrer linken Gehäuseseite befindet sich ein großes Moduswahlrad, mit dem die Basisprogramme wie P, S, A und M gewählt werden. Neben der Einstellung für Vollautomatik mit allen Parametervorgaben durch die Z 6/Z 7 sind auch drei vom Anwender konfigurierbare Vorgaben schnell aktivierbar. 

STEUERUNG

Bei der Bedienung helfen der große Monitor, der praktische Joystick und das Acht-Wege-Steuerfeld.
Bei der Bedienung helfen der große Monitor, der praktische Joystick und das Acht-Wege-Steuerfeld.

Wegen des Kippmechanismus und des sehr großen Bildschirms fehlt den Z-Modellen die Funktionstaste links vom Monitor, die man sonst von anderen Nikon-Kameras kennt. Die entsprechenden Tasten wie etwa die Lupen-Funktion für eine Live-Bild-Ansicht oder die Vergrößerung bei Wiedergabe der gespeicherten Fotos sind jetzt unter das Vier-Wege-Steuerfeld gerutscht. Überhaupt wirken die Neuvorstellungen aufgeräumter als bei den SLRs. Vielleicht liegt es auch daran, dass zwei frei belegbare Funktionstasten nach vorn direkt neben das Objektiv verlegt wurden. Das erscheint auf den ersten Blick zwar überraschend, aber man kann sich schnell daran gewöhnen und wie die bekannte Abblendtaste einer analogen SLR gut erreichen.

Bei der Bedienung sehr hilfreich ist der kleine Joystick, der mit dem Daumen der rechten Hand bedient wird. Er ist nicht nur gemeinsam mit dem Acht-Wege-Steuerfeld für die Menünavigation zuständig, sondern ermöglicht auch die Auswahl oder das Verschieben des gewünschten Autofokusfelds oder einer Gruppe von Fokusfeldern. Die Kamera bietet nämlich eine Vielzahl von Konfigurationsmöglichkeiten für die automatische Schärfeeinstellung, bei denen etwa die 3D-Matrixmessung nur eine von vielen ist.

Zusätzlich zum Joystick gibt es noch zwei Parametereinstellräder. Eines befindet sich wie üblich vorne am Griff in unmittelbarer Nähe des Zeigefingers auf dem Auslöser, das andere an der Oberseite, das ebenfalls mit dem Daumen der rechten Hand erreicht werden kann. So lassen sich etwa Verschlusszeit- und Blende im manuellen Modus komfortabel bedienen.

Eine erstklassige Informationsdarstellung selbst in der strahlenden Sonne des sommerlichen Tokios lieferte in den ersten Tests das OLED-Status-Display auf der Oberseite. Dessen Schwarz-Weiß-Darstellung, das man in vergleichbarer Form etwa von Fujifilms GFX oder der X-H1 kennt, ist unter allen Lichtbedingungen erstklassig ablesbar. Kontextabhängig werden hier entweder Belichtungsdaten wie Blende und Verschlusszeit oder Parameter wie die ISO-Werte oder die Belichtungskorrektur auf dem Monitor dargestellt. Der Fotograf hat also die freie Auswahl, woher er die Informationen erhält: Bei Porträtfotos zum Beispiel direkt im Sucher, bei Produktfotos etwa mit einem hüfthohen Stativ mittels Blick von oben auf die Kamera.

 

Auf dem ausgeprägten Sucherbuckel befindet sich ein Blitzschuh, jedoch besitzt die Kamera keinen integrierten Klappblitz für eine Ausleuchtung im Nahbereich. Der fehlende Blitz ist auch bei den Profi-Schwestern mit Spiegelsystem so üblich, er wäre aber in manchen Aufnahmesituatio­nen eine hilfreiche Erweitertung.  

Die Aufnahme entstand mit dem Nikkor 24-70mm f/4,0 S. Wegen des geringen Dauer­lichts wurden die Offenblende f4,0 und ISO 2.200 gewählt. Rauschen ist im Foto nicht erkennbar.
Die Aufnahme entstand mit dem Nikkor 24-70mm f/4,0 S. Wegen des geringen Dauer­lichts wurden die Offenblende f4,0 und ISO 2.200 gewählt. Rauschen ist im Foto nicht erkennbar.
Dank 45,7 Megapixel sind auch Ausschnittvergrößerungen kleiner Details kein Problem.
Dank 45,7 Megapixel sind auch Ausschnittvergrößerungen kleiner Details kein Problem.

Die neuen Z-Modelle sind wie ihre SLR-Geschwister natürlich kompatibel zu Nikons Systemblitzgeräten mit i-TTL-Messung und können dementsprechend auch mit dazu passenden Funkauslösern für Studioblitzanlagen arbeiten, die entsprechende Hersteller in großer Zahl für Nikon-Systeme anbieten.

Die Kameras sind schlanker und spürbar leichter als die bisherigen DSLRs, was angesichts des fehlenden Spiegelkastens und Sucherprismas zu erwarten war. Das macht sich beim Transport ebenso bei der Haltung der Kamera mit den ebenfalls leichtgewichtigen Objektiven sofort bemerkbar.

ERSTE VERSUCHE

Das sehr gut ablesbare OLED-Status-Display auf der Oberseite verschafft Überblick über alle Aufnahmeparameter.
Das sehr gut ablesbare OLED-Status-Display auf der Oberseite verschafft Überblick über alle Aufnahmeparameter.

Bei den ersten Praxisversuchen machte die Z-Serie einen ausgezeichneten Eindruck. Der Autofokus arbeitete bei hellem Tageslicht oder normal beleuchteten Innenräumen extrem schnell. Entsprechende Sonderfunktionen wie etwa eine Gesichtserkennung und Verfolgung eines Motivbereichs sind dann auch kein Problem. In sehr dunklen Situationen, die schon unter „Kerzenlicht“-Niveau lagen, schien das Fokussystem etwas schneller irritiert oder unentschlossen zu reagieren. Um das final beurteilen zu können, muss man aber die Labortests abwarten.

Die Ergonomie der Kamera ist wie erwähnt sehr gut durchdacht. Man arbeitet mit einem handlichen und leichten System, bei dem alle Bedienelemente an den intuitiv zu findenden Stellen liegen. Besonders positiv sei dabei noch einmal der hervorragende Sucher genannt, der wirklich eine ausgezeichnete Darstellungsqualität erreicht. Mit ihm behält man auch bei Aufnahmen schneller Bewegungen das Geschehen im Blick. Außerdem ermöglicht er durch seine hohe Schärfe eine komfortable manuelle Fokussierung.

Beide Kameras ermöglichen hochauflösende Filmaufnahmen mit 4K-Auflösung von maximal 3.840 mal 2.160 Pixel bei maximal 30 Bildern pro Sekunde. Beim Auslesen des Sensors ergeben sich dabei Unterschiede. Während die Z 6 bei FX-Aufnahme, also dem Filmen mit der vollen Sensorbreite, sämtliche Pixel ihres Aufnahmechip ausliest und auf die 4K-Auflösung herunterrechnet, findet dies bei der Z 7 aufgrund ihrer höheren Anzahl von Bildpunkten nicht statt. Sie zeichnet also die 4K-Filme auf der Vollformatfläche bereits in dieser Auflösung durch Überspringen von Pixel-Zeilen und Spalten direkt auf. Bei der Filmaufnahme kommt ein zusätzlicher elektronischer Bildstabilisator zum Einsatz, der den optischen Stabilisator der Kamera unterstützt.

Beide Nikon-Neuvorstellungen nutzen XQD-Karten als Speichermedium. Damit setzt Nikon wie auch bei einigen seiner SLRs auf dieses noch nicht sonderlich verbreitete Kartensystem. Leider bieten die Z-Kameras auch nur einen einzigen Speicherkarten-Slot. Eine duale Lösung – ob mit zwei XQD-Karten oder einer Variante mit XQD-Slot und einem SD-Kartensystem – wäre in vielen Aufnahmesituationen hilfreich. So könnte man eine Speicherkarte für Backups nutzen oder Raw- und JPEG-Bilder auf getrennten Kartensystemen ablegen.

FAZIT

Das neue Z-System von Nikon hinterlässt aus dem Stand heraus sowohl hinsichtlich der Kameras als auch seiner Objektive einen exzellenten Eindruck, der nur von kleinen Schwächen getrübt wird. Es entstehen sehr scharfe, kontrastreiche und geradezu plastisch wirkende Fotos. Der Konkurrenzkampf um die Vorherrschaft der spiegellosen Vollformatsystemkameras ist damit voll entbrannt.