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Objektivqualität einschätzen

Ein Glas geht noch

Regelmäßig fragen uns Leser, ob sich die Anschaffung eines neuen Objektivs überhaupt lohne. Unsere Labortests offenbaren die optischen Qualitäten, unsere Praxistests beurteilen die Handhabung. Wer selbst einige Richtlinien sucht, der erhält sie in dem nachfolgenden Beitrag. 

Bildstabilisator von Tamron
Bildstabilisatoren sind komplexe Konstruktionen aus vielen kleinen Einheiten. Die Lösung des Herstellers Tamron arbeitet mit Gyro- und Positionssensoren, um Abweichungen zu ermitteln. Dann bewegt sie mittels Kugellagern eine Korrekturlinse, die das erfasste Bild entgegen den Verwacklungen ausrichtet. Dies geschieht mehrere hundert Mal in einer einzigen Sekunde.

Bildstabilisator

Langjährigen Fotografen mit einem gewissen Vorrat an Objektiven bieten sich heutzutage mehr Gründe für den Kauf einer neuen Optik. Denn viele Ausstattungsmerkmale, die inzwischen zum Standard gehören, waren noch vor zehn Jahren weniger verbreitet.

Dazu gehört unter anderem der Bildstabilisator. Er wurde 1995 für Wechselobjektive eingeführt und war zuerst in langbrennweitigen Modellen zu finden. Inzwischen nutzen jedes aktuelle Teleobjektiv, fast jedes Zoomobjektiv und sogar Festbrennweiten und Weitwinkelzooms einen Bildstabilisator. Die Fortschritte haben den Bildstabilisator dahingehend verbessert, dass er erstens praktisch geräuschfrei arbeitet und zweitens noch schneller und genauer auf Verwacklungsbewegungen der Kamera reagiert. Die Unterschiede zwischen den Herstellern sind minimal. Wichtig ist, dass das Sucherbild nicht zittert. Gleichzeitig darf es vom System nicht zu starr „festgehalten“ werden, damit eine Korrektur des Bildausschnitts möglich ist. 

Autofokus

Ähnlich verhält es sich mit dem Autofokus, den viele ältere Analogobjektive entbehren müssen, der jedoch seit Ende der 1980er Jahre bei fast jeder Linsenkonstruktion zum guten Ton gehört. Er hat die Aufnahme von spontanen und schnellen Bildern vorangetrieben. Seine Effektivität hängt im Wesentlichen von den Messungen der Kamera ab, die Umsetzung im Objektiv ist vor allem mechanischer Natur und in den letzten fünf Jahren auf einem qualitativ sehr hohen Level angekommen.

Da sich jedes Wechselobjektiv nicht nur automatisch sondern auch manuell fokussieren lässt, besitzt es einen entsprechenden Fokusring. Dieser wird vom Motor auch im automatischen Modus bewegt, was zur Gefahr werden kann: Hält man den Ring sehr fest während der Motor in Bewegung ist, kann die Mechanik zerstört werden. Eine durchdachte Autofokustechnik eliminiert diese Gefahr und erlaubt das manuelle Scharfstellen auch während aktivem Autofokus

Weitere Fortschritte betreffen den Fokusmotor selbst; stark verbreitet ist etwa eine Lösung, bei der die Linsenelemente mittels Ultraschall ausgerichtet werden. Dies funktioniert sehr schnell und praktisch geräuschlos. Noch präziser und in höheren Frequenzen bewegen Schrittmotoren eine Linsenkonstruktion. Der Hersteller Canon etwa verwendet diese STM-genannte Lösung, um eine kontinuierliche Schärfenachführung auch bei Videoaufnahmen zu ermöglichen. 

Die Geschwindigkeit des Autofokus spielt vor allem bei Teleobjektiven für die Sportfotografie eine Rolle – hier kann das Scharfstellen zu lang dauern, falls die Kamera auf der Suche nach der richtigen Einstellung einmal den kompletten Schärfebereich durchfährt. Als Lösung haben die Hersteller in einige Modelle eine Bereichsbegrenzung eingebaut, die mittels Wahlschalter aktiviert werden kann. Damit wird die für ein Foto relevante Schärfeebene auf einen Bereich von beispielsweise null bis drei Meter begrenzt.

Sigma geht noch einen Schritt weiter und erlaubt Besitzern einiger ausgewählter Modelle mittels PC den Eingriff in die Objektivsoftware. So kann man die Entfernung noch genauer zu bestimmen.

Die Autofokussysteme in Objektiven der letzten fünf Jahre sind demnach hochgradig effektiv und schnell. Bis zu einem gänzlich neuen Konzept sind sie nur durch die Fähigkeiten der angeschlossenen Kamera begrenzt. So hat FOTO HITS in Tests feststellen können, dass die mechanischen Systeme aktueller Objektive den Messverfahren von mehreren Jahren alten Kameras überlegen sind.

18-250-Millimeter-Objektiv von Sigma
Moderne Objektive sind hochkomplexe Konstruktionen, deren Bauteile bis in den Millimeter- und Mikrometerbereich aufeinander abgestimmt sind. Das von Sigma längs zerschnittene 18-250-Millimeter-Objektiv offenbart eine Anordnung von 16 Linsenelementen, die in 13 Gruppen organisiert sind.Dazwischen finden sich der Autofokusmotor, Laufschienen für den ausfahrbaren Zoom-Mechanismus und Platinen, auf denen Computerchips ihre Arbeit verrichten. Sie sammeln Informationen, mit denen Kamera und Objektiv aufeinander abgestimmt werden.

Lichtstärke

Die Bildqualität wird mit Beispielaufnahmen und Messverfahren bestimmt. Doch auch weniger analytische Erkenntnisse funktionieren als Indikatoren für eine hohe Abbildungsleistung.

Auffällig ist etwa, dass Linsenkonstruktionen für Vollformatkameras einen deutlich größeren Durchmesser haben als APS-C-Pendants. Das liegt zum einen daran, dass die Aufnahmefläche des Sensors größer ist, zum anderen an der Lichtstärke. Ein empfindlicheres Objektiv benötigt größere Linsenelemente, um ein günstiges Verhältnis von Brennweite zur Austrittspupille zu erreichen. Die Größenunterschiede sind nicht nur zwischen APS-C- und Vollformatmodellen zu beobachten – auch innerhalb der Bauarten tauchen sie auf.

Bevorzugt man also Optiken, die flexible Belichtungseinstellungen und weite Blendenöffnungen erlauben, liefert die Größe der Frontlinse einen entscheidenden Hinweis auf die richtige Wahl. Noch klarer machen es die technischen Daten der Linsenkonstruktion. Die erreichbare Lichtstärke etwa wird mit „1:1,4“ (sehr lichtstark) oder „1:4“ (weniger lichtstark) angegeben. In fast allen Produktbezeichnungen finden sich Angaben wie „f2,8“. Sie bezeichnen die größte einstellbare Blende in Abhängigkeit zur festgelegten Brennweite und damit, wieviel Licht einfallen kann. Ein Zoomobjektiv wie das „AF 18-270mm F/3.5-6.3 Di II VC PZD“ von Tamron trägt gleich zwei dieser Werte im Namen. Sie kennzeichnen, dass die maximale Offenblende bei 18 Millimetern Brennweite bei einem Wert von 3,5 liegt und das Objektiv im Telebereich von 270 Millimetern deutlich weniger lichtstark ist, denn hier beträgt die maximale Offenblende nur noch f6,3. Hochwertigere Konstruktionen wie das „SP AF 70-200mm F/2.8 Di LD [IF] MACRO“ dagegen vermitteln mit ihrem einzelnen Wert von „F/2.8“, dass die Offenblende über den gesamten Zoombereich zur Verfügung steht und sie somit auch in Teleeinstellung mit wenig Licht arbeiten können.

Optische Konstruktion

Es lohnt auch, einen Blick in die Auflistung der verwendeten Linsenelemente zu werfen, die in den letzten Jahren zu echten High-Tech-Bauteilen geworden sind. So finden sich Linsen, die für eine niedrige Dispersion sorgen sollen, also die Zerstreuung des Lichts in einzelne Farben unterschiedlicher Wellenlänge reduzieren. Kann die Dispersion gering gehalten werden, so ist das Foto schärfer und es tauchen weniger Farbfehler darin auf. Die Kennzeichnung dieser Elemente variiert; während sie bei Canon an den Bezeichnungen „UD“- beziehungsweise „Super-UD“ erkennbar sind, bezeichnet Nikon sie als „ED“. Sigma nennt sie „SLD“- und Tamron nutzt das Kürzel „XLD“. Entscheidend ist jedoch nur, ob und wie viele dieser Elemente verbaut wurden, denn sie wirken sich direkt positiv auf die Bildqualität aus.

Dasselbe gilt für die asphärischen Glaselemente, die seit etwa zehn Jahren im Objektivbau verwendet werden. Sie korrigieren ein bis dahin bestehendes Problem: während das Zentrum einer Objektivlinse die größte Schärfe und Qualität aufweist, kommt es in den Randbereichen zu Verzerrungen und Unschärfen. Diese mussten mit weiteren Elementen korrigiert werden, die durch die Verwendung von asphärischen Linsen wegfallen können. Denn sie sind asymmetrisch aufgebaut und leiten selbst am Rand einfallende Lichtstrahlen so durch das Glas, dass sie mit den mittigen Lichtstrahlen in einem gemeinsamen Brennpunkt zusammentreffen. Der Wegfall der früheren Korrekturlinsen reduziert somit Fehlerquellen und Gewicht der Konstruktion, während die asphärischen Elemente die Bildkontraste stark verbessern und eine höhere Abbildungsleistung an den Rändern ermöglichen.

Der Einsatz vieler Linsenelemente wirft noch weitere Probleme auf: Denn Licht, das auf Glas trifft, erzeugt Reflexionen. Die­se blenden nicht nur den Betrachter vor der Kamera, sondern treffen auch auf die Gläser innerhalb des Objektivs und vermindern damit den Kontrastumfang der Konstruktion. Um diese Reflexionen zu minimieren, setzen die Hersteller Vergütungsverfahren ein und beschichten die Glaselemente etwa mit Nanopartikeln, um ihnen die Reflexionseigenschaften zu nehmen. Diese Technik ist so ausgereift, dass unerwünschte Blendenflecke nur noch bei extremen Aufnahmen mit direktem Gegenlicht auftauchen und selbst im hellen Sonnenlicht noch Motivdetails erhalten bleiben.

Vignettierung
Vignettierung: Bei sehr lichtstarken Objektiven ist die Frontlinse annähernd so groß wie die eingebaute Blende. Unter Umständen stoppt das Gehäuse dabei sehr schräg einfallendes Licht, wodurch es zu einer künstlich verursachten Abdunklung an den Rändern kommen kann. Häufiger ist die „natürliche Vignettierung“, da schräg einfallendes Licht an den Randbereichen einen längeren Weg zur Sensorfläche hat.

CSC-Optiken

Im Hinblick auf die Objektivkonstruktionen für spiegellose Systemkameras sind weniger markante Entwicklungsschritte festzustellen. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass dieses Marktsegment noch relativ jung ist. Statt bereits die nächsten, deutlich verbesserten Generationen von Optiken herauszubringen, sind die meisten Hersteller noch damit beschäftigt, das Portfolio auszubauen. Die deutlichsten Fortschritte zeigen sich in der zunehmenden Minia­turisierung. Zwar sind alle CSC-Objektive ohnehin kompakter als SLR-Pendants, doch wird bereits damit begonnen, gleiche Brennweiten wie noch vor fünf Jahren zu überarbeiten, damit sie in noch kleinere Gehäuse passen.

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1. Streulichtblende: Streulichtblenden sind bei Teleobjektiven meist becherförmig ausgeführt, während sie an kurzen Brennweiten eine sogenannte Tulpenform besitzen. Diese sind für eine maximale Lichtausbeute ohne Abschattungen berechnet.

2. Metall oder Kunststoff: Der Gehäusemantel moderner Objektive ist meist aus Kunststoff gefertigt. Metall macht die Konstruktion schwerer, ist jedoch sehr widerstandsfähig. Moderne Hochleistungskunststoffe sind jedoch ebenfalls sehr robust und erlauben Verformungseffekte. Sie verhindern damit ein Reißen des Gehäuses bei starker Sonneneinstrahlung oder Dellen nach harten Stößen.

3. Blendenring: Der manuelle Blendenring ist im digitalen Fotozeitalter weitgehend verloren gegangen, obwohl er eine schnelle und präzise Einstellung erlaubt. Vor allem Fujifilm nutzt ihn noch für Objektive des X-Systems, ebenso die weitgehend manuellen Optiken von walimex pro.

4. Stativschelle: Die Konstruktion besitzt ein eigenes Schraubgewinde zur Montage auf ein Stativ. Durch den verlagerten Schwerpunkt wird das Bajonett der Kamera vom Gewicht der Linsenkonstruktion entlastet.

5. AF/MF-Umschalter: Gut ausgestattete Objektive besitzen einen eigenen Umschalter zwischen automatischem und manuellem Fokus. Er ermöglicht den Wechsel, ohne die Kamera vom Auge zu nehmen. Bei CSC-Modellen ist er äußerst selten und nur bei hochpreisigen Objektiven zu finden.

6. Bajonettkontakte: Über elektronische Kontakte können Kamera und Objektiv miteinander kommunizieren. Fehlen die Kontakte, ist eine mechanische Nutzung dennoch möglich. Aber je nach Modell funktioniert jedoch die Einstellungen von Blende oder Autofokus nicht.

7. Weißes Gehäuse: Das weiße Gehäuse von Canon- oder Sony-Teleobjektiven ist kein bloßes Ästhethikmerkmal. Die helle Oberfläche reflektiert das Sonnenlicht stärker als eine dunk­le und verringert Verformungen aufgrund zu hoher Hitzeeinwirkung.

8. Übersetzung: Das Verstellen eines Einstellrings sollte sehr weich vonstatten gehen, sich aber präzise ohne Spiel festlegen lassen. Unterschiedlich ist oft auch die Übersetzung in die Ausrichtung der Linsen oder das Ausfahren des Zooms: Manche Ringe muss man weit drehen, um kleine Strecken einzustellen.

9. Gummierte Stellringe: Fokus- und Zoomringe sind meist mit einer geriffelten Gummierung versehen, die den Bauteilen Griffigkeit verleihen soll. Gut ist, wenn beide Ringe unterschiedlich breit sind, um eine Unterscheidung zu ermöglichen, ohne dass man hinschauen muss.

10. Bildstabilisator: Ist ein Stabilisationssystem integriert, kann es abgeschaltet werden, wenn es nicht benötigt wird (etwa wenn das Tageslicht für schnelle Verschlusszeiten reicht oder bei Verwendung eines Stativs). Damit lässt sich auch Strom sparen und die Einsatzzeit verlängern.

11. Abstandsskala: Vor allem Sigma verbaut im Objektivgehäuse eine Skala, an der der Abstand zum Motiv ablesbar ist.

12. Bajonett: Der Aufbau des Bajonetts bestimmt, an welcher Kamera sich das Objektiv ansetzen lässt. Im Laufe der Zeit ist es großen Belastungen ausgesetzt, weswegen es aus Stahl oder Messing gefertigt wird. Eine zusätzliche Gummierung schützt den Innenraum vor Verschmutzung und Feuchtigkeit.