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Joachim Baldauf: In Echtzeit erleben

Der bekannte Modefoto­graf Joachim Baldauf­ ­lotete die Möglichkeiten der Samsung NX1 aus. Er entdeckte mit ihr Münchner ­Gesichter und Geschichten jenseits von Bierzelt-­Klischees. FOTO HITS sprach mit ihm darüber, ob ­eine kompakte System­kamera wie die NX1 seinen Profi-Ansprüchen genügen kann.

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Joachim Baldauf

FOTO HITS: Wie kam die Zusammenarbeit mit Samsung zustande?

Joachim Baldauf: Ich hatte schon zuvor bei der „Samsung Galaxy Fashion Force“ mitgemacht. Dort war ich in der Jury und habe junge Modedesigner ausgesucht. Aber vielleicht fiel die Wahl auf mich, weil Samsung für das Projekt einen Porträtfotografen mit prägnantem Stil suchte. In Hamburg war es Jim Rakete, und bei München wurde an mich gedacht, vielleicht auch weil ich Bayer bin.

FOTO HITS: Das dürfte Ihnen die Auswahl der Personen erleichtert haben.

Joachim Baldauf: Thema der Ausstellung ist ja „Echtzeit“. Es ging darum, Leute zu finden, die aktuell in der Stadt etwas bewegen, etwa indem sie kulturell oder mit ihren Designs Furore machen. Die Stadt hat einen sehr traditionellen Bei­geschmack, während wir eine andere Facette vorstellen wollten.

FOTO HITS: Sie kommen aus der Modefotografie. War es für sie schwierig, auf der Straße zu fotografieren?

Joachim Baldauf: Nein, ich mache viele Modeaufnahmen draußen, das gehört zu meinem Alltag. Außerdem bin ich gewissermaßen ein Hybrid aus Mode- und Porträtfotograf. Ich habe beispielsweise viel für das „Süddeutsche Zeitung Magazin“ gearbeitet, bei der die Mischung aus modischem Style und Porträt sehr populär wurde.

FOTO HITS: Haben Sie dabei nur mit natürlichem Licht gearbeitet?

Joachim Baldauf: Ja, nur mit dem, was vorhanden war. Ich hatte Glück mit dem Wetter, das zwar kalt und diesig war. Aber letzteres ergab sehr schönes Licht. Für einige Porträts im Studio benutzte ich allerdings einen Blitz. Bei Aufnahmen draußen bin ich sehr präzise. Ich war beispielsweise schon vorher am jeweiligen Ort, ging ihn ab und legte die Uhrzeit für das beste Licht fest.

FOTO HITS: Machen Sie sich Notizen, oder haben Sie alles im Kopf?

Joachim Baldauf: Ich mache mir Notizen, wer zu welchem Aufnahmeort passt. Aber ich schrieb mir nichts zur Lichtsituation auf. Man weiß ohnehin nie ganz genau, wie es sein wird. Beispielsweise kam am Königsplatz plötzlich die Sonne heraus. Auf dem Bild sieht man dann Sandra Steffl mit dem Schirm, auf den ein Sonnenstrahl fällt. Schließlich muss man auch dem Zufall Raum lassen. 

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Joachim Baldauf: Kanani Abdillahi, Echtzeit #4, München 2015.
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Joachim Baldauf: Moritz Zapp, Echtzeit #14, München 2015. Mit seinem Mountainbike fährt Zapp so genannte Dirtjump-Rennen.

FOTO HITS: Wie schwer ist dies, wenn man keine professionellen Models vor der Linse hat?

Joachim Baldauf: Grundsätzlich haben bei meinen Porträtaufnahmen die Leute keine Angst vor mir oder der Kamera. Ich gebe ihnen ein entspanntes Gefühl. Wir reden vorher viel, oft haben wir auch schon telefoniert und ich habe ihnen erklärt, was ich mache, und beziehe sie ein. Beispielsweise tragen sie ihre eigenen Klamotten, die die Stylistin Claudia Hofmann mit ihnen ausgesucht und ergänzt hat. Ich habe auch immer ein gutes Team für Frisuren und Make-up dabei. So gibt man den Leuten das gute Gefühl, dass sie jetzt wichtig sind – auch wenn es minus zehn Grad hat wie im Fall der Designerin Saskia Diez. Sie hatte nur wenig an, blieb aber trotzdem unglaublich cool. Allerdings arbeite ich auch sehr schnell, Frau Diez musste also nicht ewig herumstehen. Die Shootings dauerten nur etwa eine Viertelstunde. Die Lichttests führte ich zuvor mit einem Assistenten durch, der gewissermaßen als Lichtmodell diente. Als dann die eigentliche Protagonistin kam, war technisch alles so weit fertig und wir konnten uns auf das Porträt konzentrieren.

FOTO HITS: Wie kamen Sie mit der für Sie fremden Kamera zurecht?

Joachim Baldauf: Manche Profis sind mit ihrer Kamera verwachsen und geraten ins Schwitzen, wenn sie eine andere in Händen halten. Für mich ist sie nur ein Hilfsmittel. Das eigentliche Bild entsteht im Kopf. Technik muss funktionieren und sich gut anfühlen. Und neue Technik inspiriert mich. Ich habe die Samsung NX1 nur zehn Minuten in Händen gehalten und angefangen, mit ihr zu fotografieren.

FOTO HITS: Bei unseren Tests fielen uns insbesondere der Autofokus und die Farbtreue positiv auf. Wie war es bei Ihnen in der Praxis?

Joachim Baldauf: Definitiv der Autofokus. Der hat mir große Freude bereitet. Ich fand beim Projekt „Echtzeit“ einige schwierige Lichtsituationen vor, etwa bei einem Bild in der Kirche mit Mirko Borsche, wo das Licht wirklich problematisch war. Auch hier hat es mit dem Autofokus perfekt geklappt. Außerdem darf man den digitalen Sucher nicht vergessen. Normalerweise benutze ich ihn nicht, insofern war es für mich in den ersten Minuten eine Umstellung. Doch ist es cool, wenn man das, was vor der Kamera geschieht, so exakt sieht.

FOTO HITS: Spielen kompakte Kameras ansonsten eine Rolle für Sie?

Joachim Baldauf: Wenn ich draußen fotografiere, komme ich bei wenig Licht mit der NX1 besser klar als mit manch anderer Kamera. Jedes Modell hat seine Stärken und Schwächen. Aber man kann aus den Schwächen auch Stärken machen. Dazu muss man sich auf die Technik einlassen. Mit meinen Studenten führte ich einmal ein Experiment durch, bei dem sie mit ihren Smartphones fotografieren sollten. Das ergab die besten Aufnahmen des ganzen Semesters, da sie häufig mit Smartphones fotografieren und dementsprechend sicher sind. Letztendlich ist die eigene Kreativität das Wichtigste.

FOTO HITS: Das wogt immer hin und her. Die einen sagen, der Fotograf mache das Bild. Andere antworten, dass er aber mit einer Lochkamera keine Action-Fotos schießen könne.

Joachim Baldauf: Ich fotografiere seit 1999 auch digital. Damals sagten alle: „Um Gottes willen, das ist doch keine Fotografie mehr.“ Aber neue Technik gibt immer auch neue Möglichkeiten. Ein große Rolle spielt, wie man etwa mit den Raw-Daten umgeht. Das war früher mit dem Film nicht anders. Das Rohmaterial ist die Basis, mit der man arbeiten muss. Und ebenso wie im Labor kreiert man mit ihm den eigenen Look. Außerdem sehen die meisten Menschen die Ergebnisse nur digital auf dem Monitor. Es ist aber ein ganz anderes sinnliches Erlebnis, sie ausgedruckt zu betrachten. Bei solchen Formaten muss man viel präziser als bei einer Web-Ansicht vorgehen. Meine Outdoor-Fotos etwa hängen im Format 80 mal 120 Zentimeter in der Ausstellung, für die Studioaufnahmen habe ich die klassische Passepartout-Größe 30 mal 45 Zentimeter gewählt. Das geschah bewusst, da ich ständig höre, Digitalbilder würden tot aussehen oder in einem Ausstellungskontext nicht wirken. Das ist falsch.

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Joachim Baldauf: Saskia Diez, Echtzeit #16, München 2015. Die Kollektionen der Schmuckdesignerin Diez werden in New York, Tokio und London gezeigt.
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Joachim Baldauf: Stefan Gabányi, Echtzeit #5, München 2015. Gabányi brachte es vom Ethnologie-Studenten zum Besitzer einer angesagten Bar.