Praxis

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Lichteffekte setzen

Bokeh mit Pappschablonen gestalten

Ganz ohne digitale Tricks kann man ein Motiv funkeln lassen. Dafür ist nur etwas schwarze Pappe nötig. Die Form der Glanzlichter lässt sich frei bestimmen, sodass etwa leuchtende Herzen oder Spukgestalten auftauchen.

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Der ganze Trick besteht daraus, eine einfache Lochmaske auszuschneiden. Sie deckt die Frontlinse komplett ab, in die Mitte kommt eine Aussparung. Diese kann je nach Fantasie die Umrisse einer Blume, eines Sterns, eines Kreuzes, eines Gespensts, einer Fledermaus oder eines Herzens besitzen. Entsprechend gestalten sich die Lichtflecken.

Vorsicht: Wie jedes Hindernis, das sich in den Strahlengang schiebt, verursacht die Maske unter Umständen eine Randabschattung. Eine herzförmige Vignette etwa sieht zwar hübsch aus, ist aber nicht Zweck der Übung. Als Richtlinie für den Musterdurchmesser gilt: Ist sie zehn Millimeter im Durchmesser, liegt die Grenze der einsetzbaren Brennweite bei etwa 75 Millimetern im Kleinbildformat. Geht man weiter in den Weitwinkelbereich, wird das Herz sichtbar. Dann muss das Loch bis 25 Millimeter oder größer sein, wenn der Kamerasensor APS-C-Format besitzt. Beim Kleinbildformat sind sogar über 36 Millimeter erforderlich.

Die Praxis zeigt jedoch: Da die erwünschte Hintergrundunschärfe am besten bei langbrennweitigen Objektiven entsteht, sind eher Linsenkonstruktionen ab ungefähr 70 Millimetern gefragt. Hier liefert ein Lochdurchmesser von zehn Millimetern gute Ergebnisse. Im Zweifelsfall verrät der Blick durch den Sucher, ob das selbst gebastelte Schnittmuster passt und die erwünschte Wirkung erzeugt.

Der Trick funktioniert leider nur wirklich gut bei Kameras, die zwei Bedingungen erfüllen: Erstens sollten ihre Objektive eine Lamellenblende besitzen, die sich entsprechend zum Blendenwert öffnet oder schließt. Das ist bei den Wechselobjektiven von Spiegelreflexkameras der Fall, aber nicht bei den meisten Kompaktkameras. Sie besitzen höchstens zwei Blendengrößen, selbst wenn sie mehrere Blendenwerte einstellen lassen. Der Lichteinfall wird ansonsten meist über einen Graufilter geregelt, der sich mehr oder weniger stark über die Öffnung legt.

Zweitens sollten sie überhaupt fähig sein, eine geringe Schärfentiefe zu produzieren, was bei Kompaktkameras kaum zu bewerkstelligen ist. Bauartbedingt stellen sie den Hintergrund immer recht scharf dar, egal, was man macht. Allerdings zeigte ein Experiment mit einer Canon G11, dass der Effekt durchaus machbar ist, auch wenn die Muster nur vergleichsweise klein erscheinen.

Bauanleitung

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Die Vorderseite des Objektivs bestimmt den erforderlichen Kreisumfang der Pappmaske. Um den Kreismittelpunkt zu ermitteln, zeichnet man zuerst zwei beliebige Sehnen ein. Dann wird deren Mittelpunkt abgemessen, auf den jeweils eine Lotrechte gesetzt wird. Wo sich die beiden Linien treffen, befindet sich das Zentrum.
  1. Das Objektiv könnte man hochkant auf den Karton stellen, um einen Ring einzuzeichnen. Doch wölbt sich die Frontlinse zu weit hervor, zerkratzt sie im schlimmsten Fall. Daher sollte man besser den Durchmesser messen und daraus den Kreis konstruieren, etwa mit einem Zirkel. Insbesondere wenn mehrere Schnittmuster entstehen sollen, erleichtert das ohnehin die Herstellung. Die Laschen lassen sich frei Hand malen.
  2. Ohne einen Zirkel ermittelt man das Kreiszentrum, indem verschüttetes Schulwissen und ein Geodreieck ausgegraben werden. Von zwei beliebig eingezeichneten Sehnen wird der Mittelpunkt eingezeichnet. Darauf kommt im 90-Grad-Winkel jeweils eine Lotrechte. Wo sich die beiden Linien treffen, befindet sich der gesuchte Punkt.
  3. Mit dem Teppichmesser schneidet man in der Kreismitte ein Muster in den Karton. Außen stehen vier Flügelchen hervor, sodass sich die Pappe leicht mit Klebestreifen am Objektiv befestigen lässt. Alternativ zu den Flügelchen lässt sich der Filter wie der Deckel einer Dose formen, damit er auch ohne Tesafilm hält. Schon kann es losgehen.

Im Einsatz

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Wenn sich im Vordergrund ein Objekt befinden soll, muss man den Verlauf der Schärfentiefe genau berücksichtigen.

Wesentlich für den Erfolg ist, das richtige Motiv zu finden, ansonsten bleibt der Effekt unsichtbar. Günstig sind viele kleine Lichtpunkte im Hintergrund, etwa Reflexionen auf der Meeresoberfläche, entfernte Lichter einer Großstadt, zerknüllte Alufolie oder die Kerzenflammen eines Altarraums.

Wenn es nur darum geht, mit dem Bokeh zu experimentieren, stellt die Aufnahme keine Hürden in den Weg. Schon der Blick durch den Sucher auf einen Metallgegenstand verrät, was möglich ist und was nicht. Grundsätzlich gilt, dass die Kameralinse möglichst unscharfe Zerstreuungskreise abbilden soll, damit schöne große Formen entstehen.

Dafür sind drei Parameter verantwortlich:

  1. Der Hintergrund, bei dem man das Bokeh wünscht, ist weit vom Hauptobjekt entfernt.
  2. Der kleinstmögliche Blendenwert wurde vorgegeben, etwa f2 (bei längeren Brennweiten liegt er gewöhnlich eher bei f3,5).
  3. Eine lange Brennweite kommt zum Einsatz, indem man etwa bei Zoomobjektiven das Maximum ausreizt. Hier gilt es allerdings einen Kompromiss zu schließen, da etwa in einem engen Raum ein 800er Tele nur einen winzigen Bildausschnitt erfassen lässt.

Der Blick durch den Sucher verrät, ob die Technik funktioniert. Dazu spielt man mit dem Fokus, bis die jeweiligen Lichtformen groß und deutlich sichtbar werden. Nebenbei: Falls sich das Objektiv beim Scharfstellen dreht, was bei manchen Modellen der Fall ist, darf man erst danach die Pappe anbringen. Ansonsten steht das Bokeh-Design auf dem Kopf.

Schwieriger ist die Aufnahme, wenn ein Hauptmotiv ins Bild treten soll. In der Regel muss es nah beim Fotografen stehen, damit es sich noch im Schärfebereich befindet. Dann gilt es, einen Kompromiss zwischen großer Bokeh-Form und scharf abgebildetem Objekt zu finden. Wer dies planen will, zieht einen Schärfentieferechner zu Rate.