Praxis

Raspberry Pi - Kamera fernsteuern

Raspberry Pi

Manche Kameras sind mit Wi-Fi-Modul ausgestattet, aber eben nicht alle. Der Mini-Rechner Raspberry Pi springt hier als Überbrückungshilfe ein. Mit seiner Hilfe lassen sich zahlreiche Kameras drahtlos fernsteuern.

Bild

Bauteile:

  • Der aktuelle Mini-Computer „Raspberry Pi 3 Model b“: um 40 Euro
  • Gehäuse: ab 10 Euro
  • Speicherkarte des Typs "Micro SD": um 7 Euro
  • Akkupack zur mobilen Stromversorgung: um 25 Euro
  • (Anfangs ist ein handelsübliches USB-Netzteil praktischer. Auf der einen Seite besitzt es einen normalen Steckdosen-Stecker, auf der anderen Seite einen Micro-USB-Anschluss, der in den entsprechenden Raspberry-Pi-Eingang kommt)

Dazu optional, aber nicht unbedingt nötig:

  • Eine Maus mit USB-Anschluss
  • Eine Tastatur mit USB-Anschluss
  • Ein Monitor oder Fernseher mit HDMI-Anschluss oder ein fertiges Modul wie das „Raspberry Touch-Display“: um 30 Euro

Gesamtkosten: ab 82 Euro

Im Normalfall fällt eine Digitalkamera gewissermaßen in Starre, sobald sie via USB-Kabel mit dem Computer verbunden ist. Sie wechselt in den "USB-Modus" und ist nur als Massenspeicher ansprechbar. Der Benutzer kann dann ausschließlich Bilddaten auf die Festplatte kopieren, mehr ist nicht möglich. Jedoch sind viele Kameras etwa der SLR-Kasse steuerbar, während sie per USB-Kabel am Rechner hängen. In diesem Fall spielt der Raspberry Pi seine Stärken aus: Er ersetzt das Kabel und dient als drahtlose Überbrückung, wobei er Befehle von der Blendeneinstellung über das Auslösen bis zum Datentransfer übermittelt. 

Das hier vorgestellte Projekt ist sinnvoll,

  • wenn die Kamera zwar kein WI-FI-Modul beinhaltet,
  • aber grundsätzlich per USB-Kabel fernsteuerbar ist.

Dank diesem Projekt wird sie von der Fessel befreit und stattdessen in ein drahtloses Netzwerk eingebunden.

Wie erkennt man nun, ob die eigene Kamera für die drahtlose Fernsteuerung geeignet ist? Kurz gesagt: Wenn sie von einer der Softwares unterstützt wird, die der Kasten unten vorstellt. Das kostenlose "digiCamControl" etwa führt 84 Kameras auf, "Adobe Lightroom" ist mit 134 Modellen aus der SLR-Klasse dabei. "Gphoto 2" läuft leider nur im Betriebssystem Linux, unterstützt aber unter anderem Kompaktmodelle der Serien "Nikon CoolPix" und "Canon PowerShot". Zudem stellen Kamerahersteller eigene Programme bereit, die neben SLRs auch spiegellose Systemkameras fernsteuern lassen.

In Kürze führt man das Projekt wie folgt durch:

  1. Kamera und Raspberry Pi werden per USB-Kabel verbunden, was eine mobile Einheit ergibt.
  2. Der entfernte Desktop-Rechner muss mit dem heimischen WLAN verbunden sein. Ohne ein solches Netzwerk geht nichts.
  3. Damit der Raspberry Pi drahtlos mit dem Desktop-Rechner kommuniziert, wird auf beiden Seiten eine Gratis-Software namens "VirtualHere" installiert.
  4. Die Kamera erscheint dann auf dem entfernten Desktop-Computer, als wäre sie mit einem USB-Kabel mit ihm verbunden.

Softwares zum Fernsteuern

Programme von Drittanbietern:

digiCamControl: gratis, Windows/Linux

Gphoto 2: gratis, Linux 

"Adobe Lightroom": ab 59,49 pro Monat, Windows/Mac OS

Firmeneigene Programme:

Nikon Camera Control Pro 2: 169 Euro, Windows/Mac OS

Olympus Capture: gratis, Windows/ Mac OS

Canon EOS Utility: gratis, Windows/ Mac OS

Fujifilm HS-V3 und HS-V5: Windows

Pentax Tethered Capture/Remote Assistant: gratis, Windows/ Mac OS

Sony Remote Camera Control: gratis, Windows

Firmware-Hack

Einige Kameras lassen sich per Firmware-Hack fernsteuerbar machen (siehe FOTO HITS 9/2016). In den Genuss von CHDK kommen beispielsweise 80 Kompaktkameras von Canons Ixus- und PowerShot-Serien.

Tethered Shooting mit Raspberry Pi
Der Raspberry Pi lässt sich als transportable Lösung auf dem Zubehörschuh befestigen. Dafür benötigt man eine Adapter, der wenige Euro-Cent kostet. Für dessen Schraubklemme muss man allerdings ein Loch ins Raspberry-Pi-Gehäuse bohren.

Software auf Raspbberry Pi installieren

Um die Software "VirtualHere" zu installieren, sind einige Befehle in der Textkonsole einzutippen. Dieses so genannte „LXTerminal“ erscheint, indem man auf das schwarze Bildschirm-Symbol oben in der Arbeitsoberfläche klickt. (Tipp: Das Tastatur-Layout ist voreingestellt amerikanisch. Es sollte über "Menü - Einstellungen - Tastatur und Maus" in "Deutsch" geändert werden.)

  1. Für Raspberry 3 holt man die passende Datei mit dem Befehl:
    wget http://www.virtualhere.com/sites/default/files/usbserver/vhusbdarm
    Eine Liste mit allen verfügbaren Linux-Versionen ist auf der Webseite www.virtualhere.com/usb_server_software zu finden.
  2. Ein Fortschrittbalken zeigt Erfolg an, die Datei vhusbdarm wird im Ordner /home/pi/ gespeichert.
  3. Falls man sich nicht bereits in /home/pi/ befindet
    cd /home/pi
    wechselt in das Homeverzeichnis des Benutzers "pi"
  4. sudo chmod +x vhusbdarm
    macht die Datei "executable", also ausführbar.
  5. sudo mv vhusbdarmpi /usr/sbin
    verschiebt „vhusbdarm“ in einen Ordner, der ausführbaren Binärdateien vorbehalten ist.
  6. wget http://www.virtualhere.com/sites/default/files/usbserver/scripts/vhusbdpin
    holt das zweite erforderliche Programm (um sich Tipperei zu ersparen: mit der Pfeil-nach-oben-Taste kann man den vorherigen wget-Befehl anzeigen lassen und ändert einfach den letzten Teil)
  7. sudo chmod +x vhusbdpin
  8. sudo mv vhusbdpin /etc/init.d
  9. sudo update-rc.d vhusbdpin defaults
    bindet den Dienst "vhusbdpin" ein.
  10. Ein Mausklick auf das Himbeer-Symbol und „Shutdown – Neu starten“ schließt die Arbeitsschritte auf dem Rapsberry Pi ab.

Software auf Desktop-Rechner installieren 

Auf dem Rechner muss die Empfänger-Software installiert werden. Diese gibt es sowohl für Windows als auch für Mac OS als kostenlosen Download. 

  1. Software unter https://www.virtualhere.com/usb_client_software herunterladen (etwa ab Windows 8 "VirtualHere Client for Windows (64-Bit")
  2. Der Hersteller "Virtualhere" gibt in einigen Anleitungen an, dass das Skript unter "Windows (C:) - Benutzer - admin" erwartet wird (genauer Pfadname: C:\Users\admin). Also kann man brav die Datei dorthin verschieben, um mögliche Fehler zu vermeiden.
  3. Ein Rechtsklick auf vhui64.exe und die Option "Als Administrator ausführen" startet das Programm (einen normalen Doppelklick zur Installation verweigert Windows unter Umständen).

Wenn alles geklappt hat, erscheint in der Taskleiste unten rechts ein neues Symbol (eventuell wird es erst durch Mausklick auf das Pfeil-Symbol sichtbar, da Windows bei zu vielen Symbolen einige versteckt). Ein Rechtsklick und die Option "show" zeigt die verfügbaren "USB Hubs".

Kamera verbinden

  1. Kamera und Raspberry Pi werden per USB-Kabel miteinander verbunden. Beispielsweise kann man den Mini-Rechner mittels Adapter auf dem Blitzschuh befestigen.
  2. Der Raspberry Pi erhält entweder über das Stromnetz oder das Akkupack seine Energie. Das Betriebssystem fährt hoch und damit automatisch der VirtualHere-Sender.
  3. Im Desktop-Rechner sollte nach einem Mauklick auf "show" der Eintrag "Raspberry Pi" auftauchen. Das Untermenü lässt sich mit einem Mausklick auf das Plus-Zeichen aufklappen. Dort wird auch die Kamera aufgeführt.
  4. Ein Rechtsklick auf den Eintag öffnet ein Kontextmenü, die Option „Use“ macht die Kamera auch für den Computer insgesamt verfügbar. Soll dies dauerhaft geschehen, empfiehlt sich ein Mausklick auf „Auto-Use Device“.
  5. Zum Fernsteuern der Kamera kommt eine der im Kasten oben genannten Softwares zum Einsatz. Dort erscheint die Kamera so, als wäre sie per USB-Kabel angeschlossen.