Praxis

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Panorama-Lochkamera basteln

Mit dieser Bauanleitung von Jochen Reincke für eine Panorama-Lochkamera schreitet man einen Schritt in die Vergangenheit. Es ist eine Zeit der Fotografie ohne Glaslinse und Auslöser. Ungefähr 30 Euro werden benötigt, um das Material für die Eigenbau-Panorama-Lochkamera zu erwerben.

Das Material

GEHÄUSE

WERKZEUG

Schaumstoff in der Größe des Gehäuses

Lochschneider: Durchmesser kleiner als 30 Millimeter

Schwarze Acryl-Dichtungsmasse oder Isolierband

Metallbohrer: Größe sollte dem Ansatz des Lochschneiders entsprechen, mindestens aber zehn Millimeter betragen

Dichtungsband

Metallfeile

Zwei Dichtungsringe

Kleine Schraubzwingen

Zwei Moosgummiplatten

Schwarzer Matt-Lack zum Sprühen (nicht seidenmatt!)

Aluminiumfolie

Zweikomponentenkleber

UV-Vorsatzfilter

Starke Lupe

Objektivdeckel

Spritzennadel oder Nylonfaden der Stärke 0,35 Millimeter

Alternativ zu den beiden letzten Punkten ein magnetisches D-Schild fürs Auto

Papiermesser

Kerze

Übersicht

Mit einfachen Mitteln und etwas handwerklichem Geschick lässt sich eine Panorama-Lochkamera preisgünstig selbst bauen. Die von Jochen Reincke vorgestellte Panorama-Lochkamera wird folgende Werte aufweisen: Der Bildwinkel beträgt in der Horizontalen 150 Grad bei einer Blende von zirka f256. Die­se lässt sich problemlos gegen andere Blenden austauschen, wodurch die Kamera äußerst flexibel ist. Das schützende Gehäuse wird mehr als robust sein und die Herstellung gleicht einem Kinderspiel.

Das Grundgerüst bildet das zirka 33 mal 23 mal 11 Zentimeter große Gehäuse, das Jochen Reincke im Baumarkt für damals noch 7,95 Deutsche Mark in Form eines „Universal-Tragekastens für Elektro-Werkzeuge“ fand. Die nachfolgenden Hinweise bauen auf dieser Grundkonstruktion auf, lassen sich aber auch auf andere Gehäusearten übertragen. Wer jedoch etwas anderes als Grundgerüst verwendet, sollte die Stabilität, die Sicherung gegen versehentliches Öffnen sowie die Möglichkeiten zum Abdichten der Kiste gegen unerwünschten Lichteinfall im Hinterkopf behalten.

Als Füllmaterial und gleichzeitig als Halterung für das später genutzte Fotopapier – dazu später mehr – empfiehlt sich möglichst dunkler Schaumstoff, am Besten in den Maßen der Kiste – das erspart Arbeit. Zum Abdichten nutzt Reincke schwarzes, selbstklebendes Dichtungsband aus Gummischaum in einer Stärke von ein bis drei Millimetern und einer Breite von ein bis zwei Zentimetern. Aus dem Sanitärbedarf werden zusätzlich zwei Dichtungsringe mit den Maßen 30 bis 39 und 21 bis 30 Millimeter benötigt. Sie stellen das „Objektivbajonett“ dar und sollten möglichst exakt ineinander passen. Die zwei schwarzen Moosgummiplatten werden als zusätzliche Abdeckung des Kisteninnenraumes gebraucht und sind in jedem gut sortierten Bastelladen erhältlich.

Das Herzstück ist die Blende, die aus einfacher Haushalts-Aluminiumfolie hergestellt wird. Alternativ kann auch etwas stärkere Prägefolie genutzt werden. Nicht verwendet werden sollte jedoch Metall-Bastelfolie, da diese häufig aus Papier besteht und in dieses kein sauberes Loch gestochen werden kann.

 

Die Teile zusammenbauen

 

Das Gehäuse

Mit der Bohrmaschine und einem Zehn-Millimeter-Bohrer wird ein Loch mittig in eine Seite der Kiste gebohrt, wobei mit einem 1,5- sowie 4-Millimeter-Bohrer vorgebohrt werden sollte. In der entstandenen Öffnung wird der Lochschneider angesetzt und eine 30 Millimeter große Öffnung ausgeschnitten, die später die Blende aufnimmt. Einen Lochschneider benötigt man normalerweise, um in Edelstahlspülen den Anschluss für einen Wasserhahn anzubringen. Dieses seltene Werkzeug muss nicht teuer erworben werden, häufig kann man es in Baumärkten gegen einen Pfand ausleihen. Jochen Reincke empfiehlt, danach das Kisteninnere mit schwarzem Matt-Lack zu streichen, da so Reflexionen verringert und der Kontrast der Aufnahmen gesteigert werden kann.

Anschließend wird abgedichtet: Mit schwarzer Acryl-Dichtungsmasse oder Isolierband sollte das Gehäuse so gut wie möglich gegen einfallendes Licht abgeschottet werden. Bei dem von Jochen Reincke verwendeten Tragekasten mussten insbesondere die Ecken versiegelt werden, da sich dort fertigungsbedingt Lücken zeigten. Zum Schluss wird das Dichtungsband in den Deckel geklebt, sodass dieser beim Zuklappen luftdicht abschließt. Hier kommen die kleinen Schraubzwingen zum Einsatz, denn durch die Dicke des Dichtungsbandes stehen der Deckel und vor allem die Verschlüsse unter Spannung. Unterstützt von den Schraubzwingen sollte der Koffer mindestens zwei Tage geschlossen bleiben, bis das Dichtungsband etwas nachgegeben und sich an die Konturen angepasst hat.

 

Das Innere

Je besser der Schaumstoffblock bereits an die Größe des Gehäuses angepasst ist, desto einfacher wird die weitere Verarbeitung. Für das Panorama muss ein Halbkreis in den Schaumstoff geschnitten werden, dessen Größe sich nach dem bevorzugten Papier richtet. Reincke nutzt 20 mal 25 Zentimeter großes Fotopapier, halbiert erhält er Panorama-Papier mit den Abmessungen von 10 mal 25 Zentimetern. Daraus ergibt sich ein Radius für den Halbkreis von etwa acht Zentimetern. Weicht das verwendete Papierformat ab, kann der benötigte Radius mit folgender Formel berechnet werden:

Radius = ( (Papierlänge × 2) / Pi ) / ­2

Wie auf dem dritten Bild rechts zu erkennen, hat Reincke den Halbkreis um zirka zwei Zentimeter nach innen versetzt. Das hat zwei Gründe: Zum einen kann man die Öffnung auf zirka 15 Zentimeter verkleinern, wodurch zwei Anlegekanten entstehen, die das Fotopapier in seiner Position halten. Zum anderen ist zwar theo­retisch ein 180-Grad-Panorama möglich, an den Enden des Fotopapiers würde aber nur sehr wenig Licht ankommen, worauf zugunsten der Papierhalterung verzichtet wird. Dadurch reduziert sich das Panorama auf zirka 150 Grad.

Für die Bestückung der Lochkamera müssen zunächst noch die Moosgummiplatten auf die genauen Maße des Gehäuses gebracht werden. Danach dient eine Platte als Boden, dann folgt der Schaumstoffkern und den Abschluss bildet die zweite Moosgummiplatte. Damit ist das Lochkamera-Gehäuse fertig und bereit für den Einsatz.

 

Die Blende

Für die Qualität der Aufnahmen ist die Lochblende das entscheidende und wohl auch am schwierigsten herzustellende Bauteil einer Lochkamera. Das Problem dabei: Das Loch sollte für das hier vorgestellte Gehäuse und die Maße der Kammer eine Größe von zirka 0,4 Millimeter haben. Der optimale Lochdurchmesser ist vom Abstand der Eintrittsebene zur Filmebene abhängig und lässt sich natürlich berechnen:

D = 0,037 × vF 

wobei

D= Durchmesser, 

F=Abstand zwischen Eintritts- und Filmebene in Millimetern

Zu den verwendeten Materialien und dem Herstellungsprozess gibt es unterschiedliche Meinungen. Reincke nutzt für seine Lochkamera handelsübliche Alufolie, die vorsichtiges Arbeiten und etwas Übung erfordert. Er stellte dabei fest, dass der Lochdurchmesser um zirka 0,05 Millimeter größer wird als der Durchmesser des genutzten Werkzeugs. Daher erstellt er das Loch mit 0,35 Millimeter dünnem Nylonfaden, den er mit einem scharfen Papiermesser zusätzlich anspitzt. Dazu legt man den Faden auf ein Stück Weichholz und schneidet ihn mit einem scharfen Messer schräg an. Wem das zu aufwendig ist, kann auch auf Spritzen aus der Apotheke zurückgreifen. Hier sollte die angegebene Dicke der Kanüle überprüft werden. Die beste Lösung bietet das Brennen der Löcher in die Folie mittels Elektrizität. Eine genaue Erklärung sowie einen Anschlussplan findet man auf der Seite des Autors www.jochen-reincke.de/lochkam/ unter „Lochblende“. Für diese und die folgenden möglichst exakt ausgeführten Vorgänge ist eine starke Lupe hilfreich, die auch kleinste Details sichtbar macht.

Hat man es geschafft, mit dem gewählten Werkzeug ein Loch in die Alufolie zu stechen, bildet sich auf der Rückseite ein entsprechend kleiner Grat, der unbedingt entfernt werden muss. Hat man Glück und der Grat klappt zu einer Seite weg, lässt er sich einfach wegschneiden. Ist der Grat unregelmäßig, ist er mit dem Fingernagel auf einer harten und geraden Unterlage fest anzudrücken. Anschließend führt man das Werkzeug von der Rückseite durch die Alufolie und entfernt erneut den entstandenen Grat. Jochen Reincke empfiehlt diesen Vorgang mindestens einmal zu wiederholen, denn je runder das Loch, desto besser die spätere Bildschärfe. Und je besser der Grat entfernt oder „plattgedrückt“ wurde, desto weniger Vignettierungseffekte zeigen sich später auf den Aufnahmen. Hier heißt es: „Übung macht den Meister“.

Um die Reflexionen der Alufolie im Innern der Kamera zu minimieren, wird diese über einer Kerze geschwärzt, denn Ruß ist ein guter Lichtabsorber. Bevor man dies jedoch mit der mühsam erstellten Lochfolie versucht, sollte man den Effekt an kleinen Alu-Stücken ohne Loch testen. Auf die geschwärzte Seite wird nun mit dem Zweikomponentenkleber der kleinere Dichtring mittig über das Loch geklebt. Überstehende Folie kann einfach abgeschnitten werden.

Jetzt wird der kleine Dichtring mit der Lochblende in den größeren Dichtring eingesetzt, der zuvor innen am Gehäuse angebracht wurde. Die Alufolie sollte sich beim Einsetzen nicht verwinden oder knittern. Die Vorrichtung erlaubt es, mehrere Lochblenden unterschiedlicher Größe mit kleinen Dichtungsringen herzustellen und an dieser Kamera zu verwenden. Dadurch ist man nicht auf einen bestimmten Effekt eingeschränkt oder benötigt für jede Blende eine neue Lochkamera.

 

Der Verschluss

Da eine Lochkamera keinen Verschluss besitzt, wie man ihn von herkömmlichen modernen Kameras kennt, muss das Öffnen und Schließen von Hand erfolgen. Jochen Reincke bietet dazu zwei Lösungen an, die ebenso einfach wie gut sind.

Die einfachere Variante findet sich beim Autozubehör, sofern man die Lochkamera aus Metall gebaut hat, etwa in Form eines magnetischen Deutschlandschildes. Dieses wird so zurecht geschnitten, dass es die Lochblende möglichst großflächig abdeckt. So lässt sich der Verschluss einfach entfernen und am Ende der Belichtungszeit wieder anbringen.

Variante zwei ist die Luxusversion: Benötigt wird ein kameraüblicher UV-Filter, den es im Fachhandel oder im Internet zu kaufen gibt. An diesem wird zunächst das Gewinde, mit dem der Filter üblicherweise am Objektiv befestigt wird, bis zum Filterring weggefeilt. Dieser rückt so näher an das Gehäuse, wodurch sich die Vignettierung bei der Aufnahme verringert. Mit dem Zweikomponentenkleber wird der bearbeitete Filter über der Lochblende fixiert. Mit einem einfachen Objektivdeckel lässt sich so die Lochblende vor und nach der Belichtungsphase professionell verschließen.

 

Erweiterungen

Natürlich sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Anhand der Größe des Gehäuses ließen sich beispielsweise zusätzliche Kammern integrieren, wodurch nicht nach jeder Aufnahme der „Film“ gewechselt werden müsste. Auch lässt sich ein Einsatz für kleinere Fotoformate herstellen, der exakt in die Kammer des Panoramaformats passt.

Interessant: Verlagert man die Lochblende vertikal aus der Mitte weiter nach oben, kann der Horizont im goldenen Schnitt platziert werden ohne dass stürzende Linien entstehen.

SINNVOLLES ZUBEHÖR

  • Wechselsack – damit kann auch unterwegs das belichtete Material getauscht werden.
  • Lichtdichte Tüte zum Aufbewahren des Bildmaterials
  • Belichtungsmesser
  • Wasserwaage zum Ausrichten der Kamera
  • Bohnensack als Unterlage

LINKS

Jochen Reincke

Die Webseite von Jochen Reincke bietet viele Informationen zur Lochkamera-Fotografie. Neben der hier vorgestellten Selbstbauanleitung finden sich dort unter anderem Tipps zum richtigen Fotopapier oder zur Belichtung.

www.jochen-reincke.de

Die Lochkamera

Eine sehr umfangreiche Seite, die neben einer Galerie auch einen hilfreichen Rechner beinhaltet, mit dem sich erforderliche Lochkamera-Daten schnell und einfach errechnen lassen.

www.die-lochkamera.de

Software

Die Website www.fotohits.de stellt einige Helfer vor, die sowohl die Pinhole- als auch Panoramafotografie erleichtern. Dazu gehört etwa der "Pinhole designer", der passende Lochgrößen berechnet.

www.fotohits.de/tests-technik/software-datenbank/