Praxis

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Mondsüchtig

Viele Fotos zeigen von Frau Luna bloß eine Seite: die eines nackten Felsklumpens. Doch wer sich ihr verständig nähert, den belohnt sie mit vielerlei Reizen. Der Artikel zeigt, wie man sie aufs Bild bannt.

Wenn alle braven Bürger schlafen, bricht der Fotokünstler zu seinem Rendezvous mit Frau Luna auf. Wie jede Grande Dame entzieht sie sich ihm, wenn er sich allzu plump nähert. Der Nachtschwärmer erhält dann ein Foto, auf dem nur ein weißer Knubbel erscheint. Zwei grundlegende Erfolgsrezepte sind hingegen: eine lange Objektivbrennweite zu verwenden und die Belichtung per Hand vorzugeben.

Mit diesen Verhaltensregeln erhält man ein schönes Dokumentarfoto des Erdtrabanten. In einer stimmungsvollen Nachtaufnahme steht er außerdem über einem Gebäude, Baumriesen oder Berggipfel. Solche Motive erfordern Planung:

  • Beim Vollmond ist Aufmerksamkeit gefragt, denn er ist heller, als man vermuten würde.
  • Es sollte eine klare Nacht ohne Dunstschleier sein.
  • Man muss vorausberechnen, wo der Mond zu welcher Uhrzeit steht. Dies verraten die Helfer im Kasten „Software“.
  • Die lange Brennweite bedingt, dass man sich von einem Vordergrundobjekt (etwa einem Baum) entfernen muss. Die Positionierung ist also eingeschränkt.

Präzise Landung

Der Erdtrabant wird abgesehen von Neumond und Mondfinsternissen ständig von der Sonne beschienen. Daher droht eher die Gefahr einer Über- als einer Unterbelichtung, die verblüffend kurze Verschlusszeiten bedingt. Man könnte ihn sogar aus der Hand fotografieren, trotzdem empfiehlt sich der Einsatz eines Stativs. 

Wichtig ist, dass sämtliche Einstellungen manuell getroffen werden, da der automatische Weißabgleich, Fokus und Belichtungsmesser meist versagen.

Bezüglich Verschlusszeit sei auf eine Besonderheit hingewiesen: Aufgrund der Erddrehung scheint der Mond über den Himmel zu wandern, was ihn auf Bildern in einen Strich verwandeln kann. Infolgedessen ist bei einem 500-Millimeter Objektiv höchstens eine Sekunde Belichtungszeit möglich, bei 1.000 Millimetern beträgt das Maximum eine halbe Sekunde.

  • Die Brennweite sollte mindestens 300 Millimeter erreichen, interessant wird es ab etwa 800 Millimetern. Eine preiswerte Lösung, um zu kurze Brennweiten auszubauen, ist ein Telekonverter.
  • Den eingebauten Blitz ausschalten.
  • Eine manuelle Fokussierung erhöht die Chancen auf eine scharfe Darstellung.
  • Der Selbst- oder Kabelauslöser verhindert, dass der Fingerdruck beim Auslösen die Aufnahme verwackelt.
  • Eine Lichtempfindlichkeit von ISO 100 sorgt für rauscharme Ergebnisse.
  • Wählt man die Einstellung „Tageslicht“ beim Weißabgleich, führt dies zu einer gelblichen Mondfärbung, die für Leuchtstoffröhren zu einer bläulichen.
  • „M“ wie „Manuell“ ist die sinnvollste Belichtungsvorgabe.
  • Ein kleiner Blendenwert wie etwa f5,6 darf gewählt werden, wenn nur der Mond scharf aufs Bild kommen soll. Ein hoher Blendenwert wie f11 dehnt die Schärfentiefe aus und ist notwendig, wenn auch ein Objekt im Vordergrund deutlich abgebildet werden soll. Sehr hohe Blendenwerte wie f22 sind zu vermeiden, da Beugungsunschärfen drohen.
  • Der einzig zu verändernde Wert ist die Verschlusszeit. Nach jeder Aufnahme überprüft man auf dem Kameramonitor, ob die Mondkrater überbelichtet oder gut erkennbar sind. Falls sie zu hell erscheinen, verkürzt sich die Belichtungszeit von beispielsweise 1/250 auf 1/500 Sekunde.

Mit Licht pinseln

Wer sich zum Caspar David Friedrich der Fotografie aufschwingen will, greift zum Lichtpinsel (siehe FOTO HITS 6/2012). So erzeugt man einen dramatisch ausgeleuchteten Vordergrund, während die Landschaft vom Mond beschienen wird. Hierfür strahlt man mit einer Taschenlampe alle Bildregionen an, die aufgehellt werden sollen, etwa einen einsamen Baum.

Der Lichtpinsel kommt zum Einsatz, während die Kamera auf dem Stativ sitzt und den Sensor beziehungsweise Film belichtet. Im Fall eines großen Gebäudes muss man zusätzlich einen Graufilter einsetzen, um eine Verschlusszeit von mehreren Sekunde ausnutzen zu können. Das Ergebnis ist allerdings die Mühe wert. Manch anderer romantische Abend erforderte mehr Hingabe und war weniger erfolgversprechend.

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Ein Gebäude im Vordergrund kommt schön heraus, wenn es beleuchtet ist. Bei kleinen Objekten kann dies der Fotograf mit einer Taschenlampe erledigen.

Software

Google Maps“ ermöglicht, jeden Ort zu erkunden. Dafür klickt man links im Fenster auf „Earth“. Dann ergibt ein zweimaliger Klick rechts auf „Ansicht neigen“ einen flachen Blickwinkel. Die Ansicht ist dreh- und zoombar.

 

Die App „Photopills“ gibt es für 8,99 für iPhone, iPod touch und iPad. Sie blendet unter anderem ein, wo Sonne und Mond über einem Ort zu einer gegebenen Zeit stehen. Aus den Ergebnissen werden Anfahrtswege sowie der Zeitaufwand berechnet. Man kann sogar vor Ort ein Bild schießen, und „Photopills“ zeigt, wie es etwa bei Vollmond aussieht und wann man es erzielt.

 

The Photographer’s Ephemeris“ ist für Windows und Mac OS gratis, für iOS kostet es 7,99 Euro und für Android 3,74 Euro. Mithilfe von Karten und Satellitenfotos wählt man einen Ort aus, für den Sonnenstand, Mondaufgang, Blaue Stunde, Schattenbildung und mehr zu bestimmten Zeiten angezeigt werden.