Praxis

Bild

So entstehen Reflexionen im Auge

oder: Das Fenster zur Seele

Ein Lichtreflex lässt die Augen hell erstrahlen. Der Praxis-Artikel hilft Porträtfotografen, die Beleuchtung entsprechend zu setzen. Selbst einfache Mittel wie ein Fenster bewirken ein schönes Funkeln.

Bild
Ein Fenster genügt, um ein fröhliches Funkeln ins Auge zu zaubern.

Wer verstehen will, wa­rum ein Porträt gelungen ist und ein anderes nicht, muss oft zur Lupe greifen. Seine Perfektion entsteht aus der Summe von Details: Profis achten etwa auf die Länge des Nasenschattens, die Ausleuchtung der Augen oder die Schärfentiefe. Auch das Funkeln der Augen entscheidet darüber, ob der Betrachter ein Gesicht als attraktiv empfindet. Um es hervorzulocken, bemühen Fotografen allerhand Leuchtmittel:

  • Zwei Leuchtstoffröhren ergeben parallele Streifen, die Augen fast echsenhaft wirken lassen.
  • Ein Ringblitz erzeugt einen hellen Kreis in oder um die Pupille. 
  • Zwei Reflektoren (etwa Styroporplatten) links und rechts vom Model bewirken rechteckige Reflexe.
  • Spezielle Aufsätze für Systemblitze verwandeln deren rechteckige in runde Spiegelungen.
  • Vorsätze für einen Studioblitz (so genannte Gobos) simulieren Geäst oder ein Fensterkreuz.

Tipp 1: Fenster

Die einfachste Methode ist jedoch, ein Fenster zu benutzen. Grundsätzlich erfüllt es alle Bedingungen, die man an teures Studiozubehör stellt. Nur sind sie nicht so leicht steuerbar, da sich die Beleuchtung je nach Wetter und Tageszeit verändert. Wenn sich ein Fotograf ihr anpasst, kommt es nur noch auf sein Augenmaß an, ob ein Porträt gelingt. Wichtig ist:

  • Das Fenster muss groß sein, da seine Spiegelung überraschend klein im Auge auftaucht. 
  • Die Sonne sollte hell, aber nicht grell hindurchscheinen. Leicht bedeckter Himmel ist optimal, da er ein weiches, schattenarmes Licht ergibt.
  • Die Form der Lichtquelle beeinflusst, wie ein Blick wirkt. Zum Vergleich sollte man ein blankes Rechteck und ein Fensterkreuz hinzuziehen.
Bei der Aufnahme beachten:
Bild
Das Verfahren ist denkbar einfach. Doch muss man exakt die Tageszeit sowie die Positionen von Fotograf und Model auswählen.

Die Position eines Fensters ist nicht veränderbar. Daher kommt es darauf an, das Model präzise zu dirigieren. In der Regel steht der Fotograf mit dem Rücken zum Fenster und das Model höchstens zwei Meter entfernt. Der Rest ist Präzisionsarbeit.

  • Der Abstand des Models von der Lichtquelle entscheidet darüber, wie groß die Reflexion im Auge ist. 
  • Der Fotograf muss sich neben das Fenster stellen, wenn er nicht selbst im Auge widergespiegelt werden will.
  • Indem das Model sein Gesicht neigt oder dreht, beeinflusst es die Lichtregie.
  • Reflektoren helfen zusätzlich, bestimmte Regionen aufzuhellen. Dafür reicht weißes oder mit Alufolie beklebtes Styropor aus. Ist es beispielsweise unter dem Gesicht positioniert, mildert es Schatten unter der Nase, dem Kinn und um die Augen herum.

Tipp 2: Ringblitz

Unter Zubehören wie Gobos, Leuchtstoffröhren und Studioblitzen ist das Ringlicht am vielseitigsten. Die Fotoindustrie bietet preiswerte Modelle an, die man sich auch mit schma­lem Geldbeutel leisten kann.

Wichtig ist, dass der Blitz ausreichend groß ist. Wie das Beispielfoto unten zeigt, reichen bereits die 22 Zentimeter Außendurchmesser eines „Orbis Ringflash“ aus, optimal sind ab 80 Zentimeter.

Das Zubehör wurde ursprünglich für Produkt- und Makroaufnahmen entwickelt, da es sie erstens gleichmäßig ausleuchtet. Zweitens fällt kein Objektivschatten auf das Motiv, da die Lichtquelle vor dem Objektiv sitzt. Größere Ringlichter stehen sogar auf einem Stativ und man fotografiert durch sie hindurch. Weitere Vorteile sind: 

  • Die frontale Ausleuchtung eignet sich ausgezeichnet für High-Key-Aufnahmen, da sehr helle Bilder entstehen. Das Gesicht verliert weitgehend seine Zeichnung, lediglich Augen, Nase und Mund treten hervor. Dabei hilft man gewöhnlich mit Puder, Lippenstift und Kajal nach.
  • Gesichter treten vor einem dunklen Hintergrund klar hervor, da die Helligkeit mit größerer Entfernung rasch abfällt.
  • Auffälligstes Merkmal sind die kreisförmigen Lichtreflexe in den Pupillen.

Der Aufbau unterscheidet sich wenig davon, wenn ein Fenster als Lichtquelle dient. Je nach Modell ist der Ringblitz am Objektiv montiert oder steht vor ihm. Selbst bei großen Leuchten muss das Model relativ nahe sein, bei kleinen unterschreitet man man deutlich den Individualabstand eines Models, was eine entspannte Sitzung erschwert.

Gewöhnlich ist der Ringblitz nicht das einzige Leuchtmittel, sondern wird durch Reflektoren, Studioblitze oder Leuchtstoffröhren ergänzt. Es lohnt sich, im Internetportal „YouTube“ den Begriffe „Ringblitz“ einzugeben, und etwa die Beiträge des Fotostudios „Krolop & Gerst“ zu betrachten. Sie vermitteln Laien sehr gut, welche Herausforderungen sie erwarten.