Praxis

Marcel Mayer

Filmreife GIF-Animationen gestalten

Eine unerwartete Bewegung im Gebüsch erregt sofort unsere Aufmerksamkeit. Ähnlich wirkt eine jähe Veränderung in einem Standfoto. Solche Überraschungen ergeben einen großartigen Blickfang, wenn sie richtig eingesetzt werden. Marcel Meyer zeigt schrittweise, wie man sie erzeugt.

Zwinkernde Augen in einem Foto entlocken wenig Begeisterung, sie sind bereits von Grußkarten mit Wackeleffekt bekannt. Doch kann eine Animation mit anderen Effekten verblüffen, wie zahlreiche Internet-Galerien beweisen. Die Modefotografen Jamie Beck und Kevin Burg etwa haben der Technik unter dem Namen „Cinemagraph“ neuen Schwung verliehen. Einen eigenen Weg geht Marcel Meyer, von dem das Aufmacherbild stammt. Ihm genügen Details, um alptraumhafte Gefühle hervorzurufen. Anhand eines seiner Fotos zeigen wir, wie man eigenen Aufnahmen Leben einhaucht.

Die Animation erfordert der eigenen Fantasie nur ein wenig Handarbeit. Im Wesentlichen geht es darum, zuerst einen kurzen Film zu drehen. Wie besonders gutes Ausgangsmaterial entsteht, wird am Ende des Artikels geschildert. Dieser Film wird in einzelne Aufnahmen zerteilt. Eine unveränderte dient als Hintergrund, in allen anderen löscht man sämtliche Objekte außer denjenigen, die sich am Ende bewegen sollen. In unserem Beispiel mussten wir ausschließlich auf die Luftballons achten. 

dream

Tipps zur Motivwahl

Ein überzeugendes Ergebnis hängt bereits von einer klugen Motivwahl ab. Hierbei sind folgende Hinweise nützlich, damit man sich unnötige Arbeiten erspart:

  • Das zu animierende Bildelement muss gesondert im Raum stehen. Wenn etwa ein Arm hinter einem Laternenpfahl verschwindet, lässt sich der abgetrennte Teil nur schwer animieren.
  • Der Hintergrund sollte stillstehen. Zwar kann man durchaus eine Straße als Kulisse nehmen. Doch wirkt es unecht, wenn ausgerechnet bei fahrenden Autos die Zeit angehalten ist, während sich andere Details bewegen.
  • Ein Cinemagraph ist kein Film, benötigt also keine Handlung. Wirkungsvoller sind etwa wiederkehrende Bewegungen: fallende Tropfen, eine pendelnde Schaukel oder wehende Haare. Noch besser sind zyklische Animationen, etwa die eines Karussells oder einer Armbewegung.
  • Das wiederkehrende Ereignis muss auch bei längerer Betrachtung seine Faszination beibehalten. Dies funktioniert nur bei einem stimmungsvollen Motiv wie etwa einer verträumten Landschaft.

Die Technik ist einfach, nur kommt die Inspiration manchmal nicht auf Abruf. Meyer zeigt auf seiner Website www.stonetree.de verblüffende Ergebnisse. Außerdem steht ein Film bereit, der die Entstehungen seiner „Favourite Childhood Nightmares“ zeigt.

Wie man ein Cinemagraph selbst erstellen kann, zeigt der folgende Text.

Film zerschneiden

Bild
Der „Free Video to JPG Converter“ teilt den Film in Standfotos auf.
  1. Grundlage für die Animation ist eine kurze Filmsequenz. In ihr soll sich nichts bewegen außer einem kleinen Detail. Welches es ist, beeinflusst die Bildwirkung entscheidend. Damit die Kamera während der Aufnahme unerschütterlich stillsteht, muss sie auf einem Stativ ruhen.

  2. Das kleine Drama wird nur wenige Sekunden lang festgehalten. Das ist positiv sowohl für seine Wirkung als auch für die Dateigröße. Außerdem beansprucht eine kurze Sequenz weniger Bearbeitungszeit, da sie aus höchstens 20 Bildern besteht.

  3.  Das kleine Video wird in Einzelbilder zerlegt. Das erledigen darauf abgestimmte Programme. Wir stellen einige kostenpflichtige Helfer und Gratis-Alternativen vor:
  • Magix Video Deluxe (ab 69,99 Euro) besitzt den Vorteil, dass man die separaten Fotos gleich bearbeiten kann, allerdings sind die Freistellungswerkzeuge wenig hilfreich. 
  • Adobe Premiere Elements ist für knapp 100 Euro zu haben und wartet mit leistungsfähigeren Funktionen auf. Stolze Besitzer des Profiwerkzeugs Photoshop CS ab Version 4 (um 950 Euro) sind geradezu überreichlich ausgestattet.
  • Wer kostenlos ans Ziel gelangen will, muss Umwege in Kauf nehmen. So kann er den Film etwa mit dem Free Video to JPG Converter (Link) zerlegen. Obacht beim Installieren: Dabei wollen sich diverse Helferlein etwa in den Internetbrowser einklinken. Dies lässt sich unterbinden, indem man alle entsprechenden Häkchen deaktiviert. Ebenso gilt es, eine folgende Frage mit „Nein“ zu beantworten. Vor dem letzten Schritt wollen sich noch „Tune Up Utilities“ einnisten. Wiederum muss ein Häkchen im entsprechenden Kontrollkästchen entfernt werden. Leider kommt die aufdringliche Frage nach jeder Aktion wieder. Das nervt, aber solange es kein besseres Werkzeug gibt, muss man es hinnehmen. 
  • Experten an der Textkonsole können sich mit dem kostenlosen Programm Ffmpeg behelfen. Unter Linux etwa gibt man in die Befehlszeile ein: ffmpeg mein_video.mov -sameq standbild%08d.jpg Dann landen standbild01.jpg bis standbild08.jpg auf der Festplatte. 

Stapelweise öffnen

Bild
Die Einzelbilder wurden in dem Bildbearbeitungsprogramm Gimp geladen. Sie gelangen in eine Datei, die aus mehreren Ebenen besteht.
  1. Der wichtigste Schritt erfolgt im Bildbearbeitungsprogramm eigener Wahl. Jedes besitzt seine individuellen Menüs und Pfade. Leider ist es unmöglich, alle detailliert zu beschreiben. Daher stellen wir das Verfahren so vor, dass es jeder auf sein eigenes Programm übertragen kann. In diesem Beispiel wählten wir das kostenlose und bewährte Bildbearbeitungsprogramm Gimp.

  2. Sämtliche Einzelbilder sollen in einer einzigen Datei vereint werden, die aus mehreren Ebenen besteht. In Gimp ist es ganz einfach, da dafür der Befehl „Datei – Als Ebenen öffnen“ bereitsteht. Sie wählt man im folgenden Dialog aus.

    Ein kleiner Tipp: Wenn man die Taste „Strg“ gedrückt hält, kann man mit dem Mauszeiger beliebig viele Dateien markieren. Die Bestandteile sind in der Ebenenpalette wiederzufinden („Fenster – Andockbare Dialoge – Ebenen“).

  3.  Das erste Bild bleibt als zukünftiger Hintergrund unberührt. Es muss ganz unten in der Ebenenpalette angeordnet sein. Über ihm folgen dann das zweite Einzelfoto, das dritte Einzelfoto und so weiter. 

Selektiv löschen

Bild
Im Modus „Ebenenmaske“ löscht man alles außer dem bewegten Objekt.
  1. In jeder einzelnen Ebene löscht man alles außer dem sich bewegenden Objekt.

    Entweder kommt dafür das Radiergummi-Werkzeug zum Einsatz, das jedes Bildbearbeitungsprogramm bietet. Oder man arbeitet eleganter mit einer Ebenenmaske. Sie hat den Vorteil, dass sich alle scheinbar entfernten Bereiche verlustfrei wieder einblenden lassen.

    Die praktische Funktion lässt sich mit „Ebene – Maske – Ebenenmaske hinzufügen – Weiß (volle Deckkraft)“ aufrufen. Neben dem Symbol für das normale Bild erscheint dann in der Ebenenpalette ein weiteres. Wenn man es durch Anklicken ausgewählt hat, ist man ausschließlich bei der Maske zugange. Dagegen macht ein Mausklick auf das Bildsymbol daneben das eigentliche Foto bearbeitbar.

    Es gilt also immer zu beachten, welches von beiden Symbolen angeklickt wurde. Außerdem sollten alle Augensymbole deaktiviert werden, sodass nur die gerade bearbeitete Ebene sichtbar ist. Ansonsten überlagern die übrigen Ebenen alle Löscharbeiten und machen sie nicht erkennbar.

Verschmelzen und Speichern

Bild
Die Animation lässt sich entweder im Bildformat GIF oder MNG festhalten.
  1. Der Befehl „Filter – Animationen – Animation abspielen“ lässt das Ergebnis überprüfen. Wichtig ist, dass eine in sich geschlossene Bewegung entsteht.

    Das letzte Standbild sollte möglichst dem ersten gleichen, damit etwa eine Handgeste nicht abgehackt wirkt. Sollte es die originale Bildfolge nicht hergeben, kann man die Ebenen einfach verdoppeln und in umgekehrter Reihenfolge im Ebenenstapel unterbringen.

    Dann wird die Bewegung erst vor- und dann wieder zurückgespult, was eine runde Sache ergibt.

  2. Falls es nicht bekannt ist: Das Bildformat GIF reduziert Fotos auf nur 256 Farben, was einen posterartigen Effekt ergibt. Damit sie die Operation bestmöglich überstehen, ist es sinnvoll, den Befehl „Filter – Animation – optimieren (für Gif)“ aufzurufen.

    Gimp erzeugt danach eine Kopie, die zum Speichern bereit ist. Eine Alternative ist das Format MNG, das eine größere Farbpalette beinhaltet. Allerdings erkauft man den Vorteil mit dem Manko, dass nicht jeder Internetbrowser MNG anzeigt, weswegen das Ergebnis etwa für eine Webgalerie untauglich ist.

  3. Beim Befehl „Datei – Exportieren – Gif-Bild“ oder „Datei – Exportieren – MNG“ gibt es zwei wesentliche Angaben.
  • Für das Format GIF müssen im Kontrollkästchen für „als Animation“ und „Schleife endlos wiederholen“ Häkchen gesetzt sein.
  • „Pause zwischen Einzelbildern“ sollte eine möglichst flüssige Bewegung garantieren. Gewöhnlich reichen dem Auge dafür etwa 20 bis 30 Bilder pro Sekunde.
    Wer es exakt haben will, prüft nach, mit welcher Bildrate die eigene Kamera einen Film sichert. Wenn sie etwa 25 Bilder pro Sekunde aufnimmt, entspricht dies 25 in 1.000 Millisekunden. 1.000 geteilt durch 25 ergibt 40. Also trägt man in dem Feld für „Pause zwischen Einzelbildern“ den Wert 40 Millisekunden ein.

Softwares

Magix Video Deluxe
Betriebssystem: Windows XP/Vista/7
Preis: 69,99 Euro
www.magix.com/de/video-deluxe/


Adobe Premiere Elements
Betriebssystem: Windows, Mac OS X
Preis: 100 Euro
www.adobe.com/de/products/premiere-elements.html

Adobe Photoshop
Betriebssystem: Windows
Preis: verschiedene Abonnement
www.adobe.com/de/products/photoshop.html

Free Video to JPG Converter
Betriebssystem: Windows XP, Vista, Windows 7
Preis: kostenlos
www.dvdvideosoft.com/products/dvd/Free-Video-to-JPG-Converter.htm

Gimp
Betriebssystem: Windows, Mac OS X, Linux
Preis: kostenlos
Link: www.gimp.org