Erstellt von FOTO HITS-Redaktion
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Kriegsreporterinnen

Fotografinnen stehen ihre Frau

Es ist das natürliche Recht einer Frau, sich ebenso dämlich wie Männer zu verhalten. Dazu gehört auch, Krieg zu bejahen. Oder um es mit der Schauspielerin Heidi Kabel zu sagen: "Die Emanzipation ist erst dann vollendet, wenn auch einmal eine total unfähige Frau in eine verantwortliche Position aufgerückt ist." Daher war es eine emanzipatorische Leistung, als die Österreicherin Alice Schalek als begeisterte Kriegsfotografin den Ersten Weltkrieg dokumentierte. Sie bekam eine Akkreditierung und begleitete Soldaten 1915 bis 1917 etwa in die Gebirgszüge am Isonzo. Die Korrespondentin lieferte sich daraufhin mit dem Wiener Pazifisten Karl Kraus in der Tagespresse aufsehenerregende Wortgefechte.

Solche Fotografinnen waren zwar nicht zwangsläufig auf Gott, Kaiser und Vaterland oder gar den Nationalsozialismus eingeschworen. Aber gewiss bewegten sie sich jenseits des Klischees sanftmütiger und lebensspendender Frauen. Sie waren etwa als Journalistinnen, Amateurfotografinnen und fotografierende Krankenschwestern zwischen 1914 und 1945 an den beiden Angriffskriegen in Europa sowie am Spanischen Bürgerkrieg beteiligt. Über sie erzählt die Ausstellung "Kriegsalltag und Abenteuerlust. Kriegsfotografinnen in Europa 1914-1945", die noch bis 11. Februar 2018 im Berliner "Verborgenen Museum" zu sehen ist.

Die Ausstellung stellt eine große Bandbreite dar: Die Amateurfotografin Käthe Buchler etwa porträtierte 1916 an der "Heimatfront" Schaffnerinnen, Briefträgerinnen und Nachtwächterinnen, die plötzlich Männerberufe ausüben durften. Aus England kamen während des Ersten Weltkriegs Aufnahmen von professionellen Studiofotografinnen (Christina Broom, Olive Edis) und knipsenden Krankenschwestern (Elsie Knocker, Mairi Chisholm), die neben der Versorgung der Verwundeten den Kriegsalltag in der Etappe festhielten.

Die Rolle der Fotografinnen als Dokumentaristinnen des Spanischen Bürgerkriegs fand bisher mit einer Ausnahme kaum Beachtung: Gerda Taro ist heute die bekannteste Kriegsfotografin in Europa. Ihre Bilder, in denen die Menschen, nicht die Waffen und das Kriegsgeschehen im Mittelpunkt stehen, sind eine politische Anklage gegen Krieg und Faschismus. Sie starb 1937 an der Front, als sie ein Panzer überrollte.

Die internationale Teilnahme fotografierender Frauen steigt im Zweiten Weltkrieg weiter an. Im Winter 1944 erstellte Germaine Krull für den militärischen Pressedienst der Freien Französischen Streitkräfte eine Reportage, die die Befreiung des Elsass durch die Alliierten zeigte. Eva Besnyö fotografierte in den Niederlanden die Stadt Rotterdam, nachdem sie 1940 die deutsche Luftwaffe zerstört hatte.

Sensationell sind die Beispiele zweier sowjetischer Kriegskorrespondentinnen, Natalja Bode und Olga Lander, die im Dienst der Roten Armee für die zentralen Presse-Agenturen fotografiert haben. Ihr Leben und ihre Arbeit sind nur in groben Zügen rekonstruiert und ihre Bilder etwa vom Krieg um Stalingrad sind einmalige Dokumente und werden außerhalb der Sowjetunion hier zum ersten Mal gezeigt. Den Kriegsfotografinnen selbst schlug nach ihrer Rückkehr ins zivile Leben oft Misstrauen und Verachtung entgegen.

Die Ausstellung schließt mit wenigen Beispielen des unbearbeiteten Kapitels deutscher Fotografinnen im Zweiten Weltkrieg (Erika Schmachtenberger, Lala Aufsberg, Liselotte Purper). Ilse Steinhoff fotografierte in den besetzten Gebieten in Libyen 1942 und auf dem Balkan 1941-43 für die gleichgeschaltete nationalsozialistische Presse, etwa für "BIZ", "Signal" und "Die Wehrmacht".


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