Praxis

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Mehr Erhellendes zu Nachtaufnahmen

Dunkel und geheimnisvoll ist die Nacht. Wenn die meisten Menschen schlafen, stehlen sich mondsüchtige Fotografen auf leisen Sohlen aus dem Haus. 

Fotografie bei Nacht birgt zwei Grundprobleme:

  1. Sie macht lange Belichtungszeiten erforderlich. Damit die Aufnahmen verwacklungsfrei bleiben, muss die Kamera während der Aufnahmen ruhen, am besten auf einem Stativ. Schon kleinste und kurzzeitige Erschütterungen können während längerer Belichtungen sichtbare Spuren hinterlassen, denn Sternen, Straßenlaternen oder anderen Lichtquellen genügt ein Bruchteil der Belichtung, sich ins Bild zu fressen. Schon das Loslassen des Auslösers kann dies bewirken. 
  2. Ein zweites technisches Problem liegt im immensen Kontrastumfang, der des Nachts zwischen Lichtern und Schatten herrscht. Er überschreitet häufig die Toleranzen eines digitalen Sensors und analogen Film. Eine Belichtungseinstellung stellt daher nächtens fast immer einen Kompromiss dar.
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Minimal sollten ein Stativ und der Selbstauslöser zum Einsatz kommen, praktischer ist ein Kabelauslöser. Außerdem verhindert die Spiegelvorauslösung selbst leichte Erschütterungen.

Welche Ausstattung und Technik den Lichtmangel bewältigt, lässt sich kurz zusammenfassen: Man nutze ein Stativ in Verbindung mit Selbstauslöser/Kabelauslöser und Spiegelvorauslösung, wann immer letzteres möglich ist. Dies alles ergibt ein Optimum an Verwacklungssicherheit.

Grundausrüstung

  • Kamera mit Selbstauslöser,
  • der Möglichkeit, Blende und Verschlusszeit manuell und unabhängig voneinander festzulegen.
  • manuelle Fokussierung mit Entfernungsanzeige
  • Eine Kamerafunktion zur Spiegelvorauslösung  – diese hat sich erfreulicherweise inzwischen auch im Amateursegment zur Standardausstattung entwickelt.

Dazu:

  • Arretierbarer Kabelauslöser.
  • Stativ mit 1,0 Kilogramm Minimalgewicht und 130 Zentimeter minimaler Auszugslänge. Basalt- oder Karbonstative sind schwingungsärmer als Aluminiumstative, vor allem wenn man mit ausgezogener Mittelsäule arbeiten möchte.

Außerdem nützlich:

  • Zusätzlicher Batteriegriff für zwei (frisch geladene) Akkus.
  • Streulichtblende
  • Taschenlampe

Tipp: Kontraste meistern mit HDR

HDR
Übertriebene HDR-Aufnahmen sehen furchtbar aus. Doch bei einem klar aufgebauten Motiv wirken die intensiven Farben überzeugend.

Nachts stechen Lichter aus der Dunkelheit hervor, was starke Kontraste bedeutet. Dies bekommen sich Fotografen mit einer HDR(High Dynamik Range)-Montage in den Griff. Dabei werden mehrere verschiedene Belichtungen, die kurz nacheinander entstehen, zu einem einzigen Bild verschmolzen. Hierfür ist eine Kamera erforderlich, die den manuellen Eingriff in Blende, Verschlusszeit und ISO-Einstellung erlaubt.

Als Basis der HDR-Bearbeitung dienen meist drei verschiedene Belichtungen, die zusammengenommen den gesamten Motivkontrast abdecken. Meist genügen dazu zwei zusätzliche Aufnahmen, die um je einen Blendenwert von der ermittelten idealen Belichtungszeit abweichen. Man spricht dabei von einer Belichtungsreihe.

Viele moderne Spiegelreflexkameras verfügen über eine Funktion zum Erstellen einer Belichtungsreihe mit drei Aufnahmen. Dank Automatik reicht es, den Auslöser ein einziges Mal zu betätigen, damit die Kamera die Reihe durchläuft. Bei Nachtaufnahmen kann es manchmal sinnvoll sein, vorsichtshalber einen noch größeren Bereich mit zwei weiteren Belichtungen abzudecken. In diesem Fall macht man insgesamt fünf Aufnahmen, beispielsweise mit +3, +1,5, 0, -1,5, und –3 Blendenstufen, wobei man mit einer manuellen Festlegung meist schneller ist als mit der Automatik.

Für selbst festgelegte Belichtungsreihen eignen sich besonders der Belichtungsmodus Zeitautomatik (A) oder der manuelle Modus (M). In beiden Fällen wird man sich auf einen konstanten Blendenwert festlegen  und die Verschlusszeiten von der Automatik variieren lassen.

Zur Erstellung von HDR-Bildern ist es übrigens nicht unbedingt erforderlich, in einem Raw-Format aufzuzeichnen. Software zum Erstellen von HDR-Bildern bietet die Software-Datenbank von www.fotohits.de unter "Spezialisten - HDR".

Tipp: Kontraste zügeln mit Grauverlauffilter

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Ein Abdunklungsfilter ist sogar bei Nacht sinnvoll. Der Verlaufsfilter blockiertt Licht im oberen Bildteil, wodurch der Mond noch durchzeichnet ist, während die Stadt darunter ebenso hell ist.

Der Grauverlauffilter nimmt eine klare Unterteilung in eine normal helle und eine abgedunkelte Bildhäfte vor. So kann beispielsweise der tiefstehende Mond mitsamt dem ihn umgebenden Himmel über der Landschaft abgedunkelt werden. Mit diesem Effekt kommt der Filter der natürlichen menschlichen Sehweise deutlich näher, als wenn verstreute Details aufgehellt oder abgedunkelt werden, wie im HDR-Verfahren.

Der Filter mildert jedoch nicht nur Kontraste, sondern gibt dem Bild nach oben auch einen dunklen Abschluss. Empfehlenswert ist die Verwendung eines Filterhalters mit Filtereinschub. Dieser ermöglicht es, den Verlauf innerhalb des Bildes zu verschieben.

Ein eigener Artikel führt in die Mondfotografie ein. In der Rubrik "Praxis" gibt er spezielle Tipps, wie man den Erdtrabanten eindrucksvoll ablichtet.

Tipp: Blaue Stunde

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Mischlicht ist besonders eindrucksvoll. Hier kontrastieren warme Kunst- und blaues Polarlicht, die tägliche "Blaue Stunde" tut es aber ebenso.

Über den Weißabgleich lässt sich die Lichtstimmung verschieben. Bei Aufnahmen, die während der Blauen Stunde entstanden sind, kann man das Blau betonen oder abschwächen. Wenn der kalten Lichtstimmung warmes Kunst- oder Kerzenlicht hinzugefügt wird, dann muss man mit den Reglern des Weißabgleichs etwas vorsichtiger vorgehen, um beim Verschieben noch beiden Lichtquellen gerecht zu werden. Wer im Raw-Format fotografiert, kann den Weißabgleich nachträglich am Computer festlegen.

Besonders in der Blauen Stunde kann man zu einer stimmungsvollen Mehrfarbigkeit gelangen, indem man eine Kunstlichtquelle hinzusetzt. Dazu kann eine mitgeführte Taschenlampe, eine Kerze oder die vorhandene Straßenbeleuchtung dienen.

Idealerweise lassen sich die Kunstlichtquellen in ihrer Intensität kontrollieren und dem verfügbaren Restlicht des Himmels anpassen, bis sich dieses gänzlich verabschiedet hat. Eine Taschenlampe kann man in der Regel dimmen. Aber auch die Intensität einer Kerze ist kontrollierbar, indem die Dochtlänge angepasst wird. Nicht zuletzt kann dafür gesorgt werden, dass Taschenlampe oder Kerze nur über einen gewissen Teil der Belichtungsdauer hinweg leuchten.

Wenn die Belichtung lang genug ist, gelingt es, ungesehen durch das Bild zu laufen und bestimmte Bereiche gezielt auszuleuchten. Dabei braucht sich der Fotograf nicht hetzen, sollte aber weder zu lange an einem Fleck verharren noch helle Kleidung tragen. 

Auch Leuchtreklame in Städten wie London, Tokio oder Las Vegas kommt vor dem Himmel der blauen Stunde lebhafter zur Geltung als vor dem Hintergrund einer komplett schwarzen Nacht. Für eine optimale Lichtmischung muss man in diesem Fall abwarten, bis die Helligkeit des Himmels mit der konstanten Helligkeit des Stadtlichts harmoniert.