Praxis

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High-Speed-Fotos

Die Hochgeschwindigkeitsfotografie beschäftigt sich mit der Aufnahme von schnellen Bewegungen. Das Ziel: sichtbar machen, wofür unser Auge zu langsam ist. Die Ergebnisse sind beeindruckend.

Der richtige Moment ist in vielen Fällen unglaublich kurz. Oft reicht das bloße Auge gar nicht aus, um ihn überhaupt wahrzunehmen. Umso mehr beeindrucken Bilder, die sichtbar machen, was unseren Sinnen sonst entgeht. Sie zeigen beispielsweise aufschlagende Wassertropfen oder zerplatzende Luftballons – Ansichten, bei denen es um weniger als Tausendstelsekunden geht.

Von Hand sind solche Aufnahmen praktisch nicht zu realisieren. Selbst Verschlusszeiten von bis zu 1/16.000 Sekunde sind für diese Art der Aufnahmen noch zu langsam. In der High-Speed-Fotografie dreht sich alles um Zeiten im Bereich von 1/50.000 Sekunden oder kürzer. Doch was undurchführbar scheint, wird mit technischer Hilfe möglich und ergibt atemberaubende Ergebnisse.

Neben den hier vorgestellten komplexen Aufbauen sind zwei weitere zu finden, die äußerst einfach machbar sind:

  • Ein High-Speed-Auslöser, der im Wesentlichen aus Alufolie und Pappe besteht, aber höchst funktional ist
  • In FOTO HITS 4/2017 war nachzulesen, wie man mithilfe des Mini-Computers Raspberry Pi Tropfenfotos aufnimmt. Die Liste der Bauteile und Online-Hilfen stehen auf unserer Website bereit.

Cognisys StopShot

StopShot
An StopShot können bis zu drei Geräte angeschlossen und synchronisiert ausgelöst werden. Eine Tropfvorrichtung und eine Lichtschranke befinden sich ebenfalls im Angebot, das Set kostet rund 300 Euro.

Das Kontrollgerät StopShot von Cognisys erlaubt die elektronische Auslösung verschiedener Geräte wie Blitz, Kameraverschluss oder anderer Vorrichtungen mit niedriger Stromspannung. Es wurde speziell für die High-Speed-Fotografie entwickelt.

Der Trick besteht darin, die langsame Kameratechnik zu umgehen und stattdessen die hohen Geschwindigkeiten externer Blitzgeräte auszunutzen. Die Kamera wird dabei mit bereits geöffnetem Verschluss in einem abgedunkelten Raum aufgebaut, ein Blitz sorgt im rechten Moment für Licht. So wird die Belichtungszeit stark verkürzt. Idealerweise sollte das verwendete Blitzgerät über mehrere Leistungsstufen verfügen, um unterschiedlich kurze Zeiten gewährleisten zu können.

Zum Anschluss an StopShot mittels Synchronisationskabel ist eine PC-Sync-Buchse erforderlich. Alternativ kann der Blitz über einen Blitzschuhadapter angeschlossen werden. Cognisys warnt allerdings davor, ältere Blitzgeräte mit höherer Spannung zusammen mit StopShot zu verwenden. Das wertvolle Stück würde zwar nicht beschädigt, jedoch wäre die Auslösung betroffen.

Neben dem Kontrollgerät sind verschiedene Zubehörartikel erhältlich, um den eigenen Aufbau je nach Bedarf zu gestalten. Die Auslösung kann beispielsweise über Lichtschranke, Mikrofon oder Vibrationssensor erfolgen.

Wassertropfen

Markus Reugels
Wie Skulpturen muten die Werke der Reihe „Farbexplosionen“ von Markus Reugels an. Dabei zeigen sie nur einen kurzen Moment des Tanzes, den Wassertropfen auf einer vibrierenden Membran aufführen.
Markus Reugels
Bilder vom Tatort: Mit dem Aufbau oben entstehen die Farbskulpturen.

Für die Aufnahme von Wassertropfen bietet Cognisys verschiedene Produkte an. Im einfachsten Fall benötigt man neben dem Kontrollgerät eine Tropfvorrichtung und eine Lichtschranke (zusammen als „Water Drop Photography Kit“ erhältlich).

Die Verwendung weiterer Elemente sowie Variationen des Aufbaus sind dann der persönlichen Kreativität überlassen. Einen Einblick in die Welt der Möglichkeiten bietet die Homepage von Markus Reugels, auf der neben unzähligen beeindruckenden Aufnahmen auch detaillierte Informationen zum Aufbau sowie Praxistipps zu finden sind.

Besonders spannend sind die so genannten Farbexplosionen. Hierzu experimentierte der Fotograf mit einer Lautsprecherbox, die er mit einem Luftballon als Membran bespannte. Darauf verteilte er mit einer Pipette unterschiedliche Farben in flüssiger Form und brachte diese durch Keyboardtöne zum Springen. 

Bild: Markus Reugels
Solche fragilen Formen entstehen, wenn mehrere Tropfen gefärbten Wassers auf eine Wasseroberfläche treffen und miteinander kollidieren.
Bild: Markus Reugels
Oben ist die Konstruktion für die Aufnahme fallender Tropfen zu sehen.

Auch seine Aufnahmen von Tropfen, die auf eine Wasseroberfläche aufschlagen, haben eine ganz eigene Ästhetik und lassen die Frage aufkommen, wie solche Bilder entstehen.

Der Trick ist: Mehrere Wassertropfen werden in definierten Abständen nacheinander aus einer speziellen Vorrichtung fallen gelassen. Der erste Tropfen verursacht mit dem Einschlag auf der Wasseroberfläche eine aufsteigende Säule, mit der die nachfolgenden Tropfen kollidieren. Kennern ist diese Technik als „TaT“ oder „Tropfen auf Tropfen“ bekannt.

Foto: Markus Reugels
Mit einer bestimmten Kombination aus Tropfengröße, Fallhöhe und zeitlichem Abstand, mit dem die einzelnen Tropfen aufeinander folgen, erschafft Reugels seine „XXL TaTs“.
Cognysis
Tropfvorrichtung und Lichtschranke von Cognysis.

Die hohe Kunst der Wassertropfenfotografie hat Markus Reugels perfektioniert. Nach langem Experimentieren fand er zu einer Weiterführung der unter Kennern als „TaT“ (Tropfen auf Tropfen) bekannten Technik.

Reugels lässt zunächst einen Tropfen auf die Wasseroberfläche fallen, der dort nach dem Aufprall eine aufsteigende Wassersäule verursacht. Ein zweiter Tropfen wird zeitlich so losgelassen, dass er mit der Spitze dieser Säule kollidiert. So entstehen Formen wie im Bild oben. Auch mehrere Tropfen können so zum Aufprall gebracht werden. 

Ballistik

Dennis Havel
Ein Wassertropfen im freien Fall wird von einem Luftpistolenprojektil getroffen – und zudem im Bild festgehalten.

Die Präzision des richtigen Timings trieb Dennis Havel auf die Spitze: Er durchschoss einen einzelnen Wassertropfen im freien Fall mit einer Luftpistole und hielt diesen Moment im Foto fest.

Auch Havel setzte das StopShot-Kontrollgerät sowie eine Lichtschranke ein. Das Gerät erfasste die Geschwindigkeit des Projektils und nutzte diese Information, um den Blitz zeitgenau abzufeuern. Auf diese Weise kann StopShot sogar die Geschwindigkeitsschwankungen kompensieren, die zwischen verschiedenen Schüssen oder auch im Verlauf des Projektilflugs auftreten.

Weingläser

Foto: Scott Dickson
Erst das Basteln, dann das Bild: Um die kunstvoll überschwappenden Zwillingsgläser zu verewigen, baute Scott Dickson eigens eine Schiebetischkonstruktion.
Foto: Scott Dickson
Mithilfe des Aufbaus werden die Gläser kontrolliert in Bewegung gesetzt und abrupt abgestoppt. Das Ergebnis lohnt die Mühen.

Zwei Weingläser in Aktion zeigt das Bild „Red Bender“ von Scott Dicks

  1. Für die Aufnahme baute er eine Schiebetischvorrichtung aus einer Plexiglasplatte, einem Aluminiumrahmen und mehreren Spielzeugrädern.
  2. Auf der Platte befestigte er die beiden zur Hälfte mit gefärbtem Wasser gefüllten Gläser mithilfe einer Klebemasse namens „Museumswachs“.
  3. Der gesamte Aufbau wurde nun auf einen größeren Tisch mit Schienen gesetzt, die die Richtung des Gefährts steuern.
  4. Am Wagen selbst befestigte Dickson ein Seil mit Gewicht. Um die Fahrt zu starten, musste lediglich eine Sperre gelöst werden. So erhielt er einen Aufbau, der schnell beschleunigen und abrupt abbremsen konnte, sodass das Wasser aus den Gläsern schwappte. 
  5. Die auf ein Stativ montierte Kamera fokussierte der Fotograf im manuellen Modus auf die Position der Gläser am Ende der Bewegung.
  6. Als Belichtungszeit wählte er etwa zwei Sekunden. Während dieser Zeit war der Raum dunkel und wurde nur im richtigen Moment durch einen Blitz erhellt.
  7. Als Auslöser diente eine Lichtschranke, die der fahrende Tisch passierte. Den Rest erledigte StopShot – bis auf das Aufwischen der vielen Wasserspritzer.

 

 

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